Der tschechische Staatspräsident Petr Pavel ist seit Dienstag zu Besuch in der Schweiz. Am Mittwoch empfängt der Bundesrat den Staatsgast auf dem Bundesplatz in Bern mit militärischen Ehren. Die beiden Länder verbinde viel, sagte der Bundesrat, man pflege einen regen Austausch in Politik, Wirtschaft und Kultur.
Aber auch historisch sind Tschechien und die Schweiz verbunden, nicht zuletzt wegen der Ereignisse rund um den «Prager Frühling» im Jahr 1968.
Damals nahm die Schweiz rund 12'000 Flüchtlinge aus der ehemaligen Tschechoslowakei auf; Menschen, die sich dann hier niedergelassen und ihre Spuren hinterlassen haben.
Diese tschechoslowakischen Spuren sind nirgends so deutlich zu sehen wie im Schweizer Tennis.
Weltspitze bei den Frauen und Männern
Angefangen hat alles mit ihm, mit Jakob Hlasek. 1964 in Prag geboren, kam er nach dem Prager Frühling als Vierjähriger mit seinen Eltern in die Schweiz. Er war der erste Tennisspieler mit tschechoslowakischen Wurzeln, der für die Schweiz Erfolge feierte. Er stand mit der Schweizer Mannschaft im Final des Davis-Cups und gewann 1992 mit Marc Rosset die Doppelkonkurrenz bei den French Open.
Eine ähnliche Geschichte schrieb Michel Kratochvil. Auch seine Eltern flüchteten nach dem Prager Frühling in die Schweiz, er selber wurde 1979 in Bern geboren. «Tennis hatte in der Tschechoslowakei eine grosse Bedeutung», sagt Kratochvil, «das hat auch unsere Familie geprägt». Wie kaum ein anderes Land im Ostblock unterstützte die Tschechoslowakei den Tennissport und brachte mit Ivan Lendl und Martina Navratilova zwei der besten Athleten ihrer Zeit heraus.
Tschechoslowakische Wurzeln hat auch Stan Wawrinka, wobei seine Familiengeschichte etwas anders verlaufen ist. Sein Urgrossvater hatte das Land nämlich schon 1946 verlassen, direkt nach dem Zweiten Weltkrieg und noch vor der Matchübernahme durch die Kommunisten. Über Deutschland führte der Weg der Familie in die Schweiz, wo Wawrinka 1985 geboren wurde. Im Laufe seiner Tenniskarriere gewann er drei Grand-Slam-Titel.
Auch für das Schweizer Frauentennis gilt: Ohne den Einfluss aus der Tschechoslowakei wären die Schweizer Erfolge viel spärlicher ausfallen. Beispiel Belinda Bencic: Ihr Vater stammt aus der heutigen Slowakei und ist 1968 als fünfjähriger Junge mit seiner Familie in die Schweiz eingewandert.
Und nicht zuletzt natürlich Martina Hingis, die grösste Spielerin, die das Schweizer Tennis je hervorgebracht hat.
Die Familie von Martina Hingis stammt aus Košice, aus dem Osten der Slowakei. Ihre Mutter Melanie Molitor war selber Tennisspielerin und betrieb in der Schweiz eine Tennisschule. Dank der Erziehung und den Trainings mit ihrer Mutter wird Martina Hingis schon mit 16 Jahren zur Nummer 1 der Welt und feiert im Laufe der Karriere – im Einzel und Doppel – 25 Grand-Slam-Erfolge.
Und was ist eigentlich mit Roger Federer? Dem vielleicht grössten Tennisspieler aller Zeiten?
Klar, seine Mutter Lynette stammt aus Südafrika, sein Vater Robert aus der Schweiz – aber etwas Ostblock steckt auch in Roger. Einerseits war einer seiner ersten Trainer, Adolf Kacovsky, ein gebürtige Tschechoslowake. Vor allem aber ist da natürlich seine langjährige Wegbegleiterin und Ehefrau Mirka Vavrinec, die früher selber Tennis gespielt hat – und in Bojnice geboren wurde, einer kleinen Stadt in der heutigen Slowakei.