Doris Binda, Geschäftsleitungsmitglied des Frauennottelelefons Winterthur, kennt viele Stalking-Opfer. Sie beschreibt die ab dem 1. Januar gültige Gesetzesänderung, die Mobbingopfer besser schützen soll, so: «Es ist vergleichbar mit einem fix installierten Radarkasten am Strassenrand – dort werde ich nicht durchrasen.» Die Androhung einer Fussfessel diene der Prävention, damit ein Rayonverbot eingehalten werde.
Fussfessel zeichnet Annäherung auf
Das elektronische Band am Arm oder am Fussgelenk des potenziellen Gefährders gibt Signale an die Justizbehörde, wenn dieser seinem Opfer zu nahe kommt und sich nicht an eine Anordnung des Gerichts hält, eine gewisse Distanz einzuhalten.
Häufig seien das ehemalige Partner, die die Trennung nicht akzeptieren und ihrer Ex-Frau nachstellen. Für die betroffenen Frauen sei dieses elektronische Fuss- oder Armband eine grosse Erleichterung, sagt Binda. Ein Opfer müsse so nicht mehr selber beweisen, dass ihr Verfolger die Auflage nicht eingehalten hat. «Das wird alles aufgezeichnet.»
Bis anhin mussten die Stalking-Opfer den Behörden jeweils melden, wenn der Gefährder wiedermal Blumen vor die Haustür gelegt hatte. Die Opfer hatten die ständige Bringschuld des Beweises. Damit ist jetzt Schluss. Ein Stalking-Opfer könne neu auf dem zivilen Weg einklagen, dass es vom Verfolger in Ruhe gelassen wird. «Bei sehr hartnäckigen Stalkern wird neu per Fussfessel passiv überwacht, wo sie sich aufhalten.»
Kontrolle nur zu Bürozeiten
Passiv überwacht heisst, dass ein Mitarbeiter der Justizbehörde die Meldungen überprüft, die vom Armband geschickt werden. Er kontrolliert, ob sich der Gefährder an die Auflagen des Gerichts hält und der Frau nicht zu nahe kommt. Im Kanton Zürich beispielsweise überprüft ein Mitarbeiter der Justizbehörde zweimal täglich diese Meldungen.
Allerdings ist diese passive Überwachung schweizweit nur zu Bürozeiten vorgesehen – und genau das kritisiert Pia Allemann, Co-Geschäftsleiterin der Beratungsstelle für Frauen gegen Gewalt in Ehe und Partnerschaft.
Denn wenn sich ein Gefährder beispielsweise am Freitagabend seinem Opfer zu sehr nähert, wird das erst am Montag von der Behörde festgestellt. Deshalb: «Die Fussfesseln gemäss Zivilrecht eignen sich nicht für gefährliche Straftäter», betont Allemann.
Wann braucht es Überwachung?
Ihre Beratungsstelle berät jedes Jahr mehr als 2000 Opfer von Gewalt in Ehe und Partnerschaft. Dennoch geht Allemann davon aus, dass vorläufig nur wenige Stalker ein solches Armband tragen werden. «Es braucht Zeit, bis sich gesetzliche Neuerungen in der Praxis durchsetzen.»
Die Gerichte müssen sich jetzt erstmals mit der Frage auseinandersetzen, ab wie viel Stalking ein Gefährder elektronisch überwacht werden muss – keine einfache Aufgabe für Richterinnen und Richter.