Das Verbrechen: In einem Zug von Sainte-Croix nach Yverdon-les-Bains hat ein Bewaffneter am Donnerstagabend 12 Passagiere und den Lokführer als Geiseln genommen. Zuvor sprach die Polizei von 14 Passagieren. Gegen 18:30 Uhr zwang er den Lokführer, den Führerstand zu verlassen und sich zu den Passagieren zu begeben. Darauf sei der Zug im kleinen Dorf Essert-sous-Champvent mit verschlossenen Türen zum Stillstand gekommen, sagt Alain Gorka, Chef der Waadtländer Regionalpolizei.
Der Täter: Beim Geiselnehmer handelt es sich um einen 32-jährigen Asylbewerber aus Iran. Er bedrohte die Menschen im Zug mit einer Axt, einem Messer sowie einem Hammer, wie die Waadtländer Polizei mitteilte. Über die Forderungen des Mannes machte die Polizei keine Angaben. Gemäss Recherchen des Westschweizer Fernsehens RTS war der Mann im Bundesasylzentrum Boudry im Kanton Neuenburg angekommen. Er wurde dann aber dem Kanton Genf zugewiesen. Dort sei er mehrmals verschwunden und wieder aufgetaucht. Thema sei auch ein Suizidrisiko gewesen. Gemäss den Recherchen liess er sich kleinere Delikte wie Diebstahl oder Trunkenheit zuschulden kommen.
Das Motiv: Die Waadtländer Polizei geht nicht von einem Terrorakt aus. Nach ersten Ermittlungen waren seine Motive auf die Situation als Asylbewerber zurückzuführen und auf seinen hartnäckigen Wunsch, mit einer Mitarbeiterin eines Asylbewerberheims in Kontakt zu treten.
Die Geiseln: Die 12 Passagiere und der Lokführer wurden teilweise gefesselt. Mit einigen Personen ging der Täter zwischenzeitlich aber auch im Zug spazieren, wie die Polizei erklärte. Die Geiseln hätten zum Teil mit ihren Handys gefilmt und auch Familienangehörige informiert. Einige von diesen seien während der vierstündigen Geiselnahme nach Essert-sous-Champvent gekommen, sagte Polizeisprecher Jean-Christophe Sauterel. Auch für sie sei die Geiselnahme schwer auszuhalten gewesen.
Der Polizeieinsatz: Mehr als 60 Beamte hätten am Abend den Zug umstellt, teilte die Polizei mit. Es seien Spezialeinheiten und Scharfschützen aus Genf aufgeboten worden. Die Polizei habe versucht, mit dem Geiselnehmer auf Farsi und Englisch zu verhandeln, teilweise auch per WhatsApp – vergeblich.
Der Zugriff: Während fast vier Stunden blieben die 13 Personen in der Gewalt des Mannes. Erst als sich dieser gegen 22:15 Uhr alleine im Regionalzug von den Geiseln wegbewegte, stürmte die Polizei den Zug. Sie stellte sich laut Polizeiangaben zwischen den Täter und die Geiseln. Dabei sei Sprengstoff zum Einsatz gekommen, um ihn abzulenken.
Der Tod des Geiselnehmers: Der Geiselnehmer ging daraufhin auf die Polizeikräfte los. Einer der Polizisten setzte eine Elektroschockpistole ein, um den Mann zu stoppen. Der Bewaffnete rannte jedoch weiter auf die Polizisten und die Geiseln zu. Ein Beamter hätte deshalb die Schusswaffe einsetzen müssen, um die Opfer zu schützen. Dabei wurde der Geiselnehmer getötet. Er sei noch an Ort und Stelle gestorben, obwohl ein Arzt im Einsatzteam der Polizei anwesend war.
Die Opfer: Die 12 Passagiere und der Lokführer blieben unverletzt. «Den Geiseln geht es gut, sie haben aber eine extreme Stresssituation erlebt», sagte Polizeichef Gorka. Sie wurden ins Regionalzentrum der Gendarmerie in Yverdon gebracht, wo bereits ihre Familien und Angehörigen auf sie warteten. Sie werden psychologisch unterstützt und von der Polizei befragt.