- Bundespräsidentin Doris Leuthard empfängt am Donnerstag in Bern Jean-Claude Juncker.
- Die Stimmung zwischen Bern und Brüssel ist so gut, wie schon lange nicht mehr – auch weil die EU mit einer neuen Kohäsionsmilliarde rechnen darf.
- Doch im Parlament wächst der Widerstand gegen eine weitere Milliardenzahlung an Brüssel.
Mit grosser Wahrscheinlichkeit wird Bundespräsidentin Doris Leuthard dem EU-Kommissionpräsidenten Jean-Claude Juncker morgen die Zahlung einer weiteren Kohäsionsmilliarde aus der Schweiz zusichern. Das Schweizer Geld soll helfen, die Armut vor allem in den osteuropäischen EU-Ländern zu bekämpfen.
Das Hilfspaket von rund 1.3 Milliarden Franken dürfte aber auch die Stimmung zwischen Bern und Brüssel sowie die bilateralen Beziehungen verbessern.
Grosses Murren im Parlament
Doch der Bundesrat kann die Milliardenzahlung nicht alleine beschliessen. Auch das Parlament muss den neuen Kohäsionsgeldern zustimmen.
Und im Rat ist das Unbehagen gross. «Aufhören, mit solchem Zeugs», sagte Nationalrat Roger Köppel (SVP/ZH) zur «Rundschau». Die SVP lehnt die Kohäsionszahlungen fundamental ab und bezeichnet die Hilfsgelder als grundsätzlich falsch: «Das sind Tributzahlungen, Bestechungsgelder oder vielleicht Beschwichtigungsgelder, damit Herr Juncker schneller nach Bern kommt», sagt Köppel.
Die SP ist dafür
«Diese Zahlungen sind in unserem Interesse und nützen der Schweiz», sagt hingegen SP-Präsident Christian Levrat. «Es geht um Stabilität und Wachstum in Osteuropa. Das ist eine Region, die für uns sehr wichtig ist.»
Der Präsident der aussenpolitischen Kommission des Ständerates begrüsst es ausdrücklich, dass die Schweiz noch einmal eine solche Zahlung ins Auge fasst: «Es reicht an den Balkankonflikt zu denken oder an den Ukrainekrieg. Dann ist jedem klar, warum es so wichtig ist, dass die Osteuropäischen Nachbarländer stabilisiert werden», so Levrat zur «Rundschau».
Das Hilfspaket als Verhandlungsmasse
Damit eine weitere Ostmilliarde innenpolitisch eine Chance hat, ist die Mitte entscheidend. Und hier tritt vor allem die CVP selbstbewusst und mit Forderungen auf: «Es muss eine Win-Win-Situation sein. Die Schweiz muss auch von diesen Zahlungen profitieren», sagt Elisabeth Schneider-Schneiter (CVP/BL). Die Vizepräsidentin der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats sieht sonst schwarz für eine Mehrheit im Parlament. «Das werden sehr schwierige Verhandlungen werden», so die CVP-Aussenpolitikerin.
Sie erwartet von der EU ein grundsätzliches Entgegenkommen, falls die Schweiz bezahlt: «Es kann nicht sein, dass es bei jeder Erneuerung eines Abkommens ein Theater gibt», so Schneider-Schneiter.
Harte politische Forderungen aus dem Parlament
Auch bei der FDP sind die Erwartungen hoch. Die Zahlung müsse das Verhältnis zwischen Bern und Brüssel grundsätzlich verbessern: «Ich erwarte, dass sämtliche schwierigen Dossiers von Seite der EU deblockiert werden», sagt FDP-Ständerat Damian Müller (FDP/LU). «Einfach à fonds perdu eine Milliarde geben. Das verstehen das Parlament und die Bevölkerung nicht». Ohne harte Zusagen werde Müller im Ständerat ganz sicher nein stimmen.
Doris Leuthard und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker werden am Donnerstag in Bern gemeinsam eine Pressekonferenz geben. Der Auftritt dürfte erste Antworten liefern, was die Schweiz von Brüssel in den nächsten Monaten erwarten kann.