Bister, ein Bergdorf im Wallis, auf 1054 Metern über Meer. Eine einzige Strasse mit einigen wenigen Abzweigern durchquert die Gemeinde, die gegenüber der Riederalp liegt und die kleinste des Kantons Wallis ist. Um zu wissen, wie es aussieht, muss man schon selber hinfahren – Google Streetview hat es nicht hierhin geschafft.
Ein kleines Holzhaus an der Strasse erinnert an ein Ferien-Chalet. Es ist das Gemeindehaus. Der Gemeindepräsident Edwin Zeiter – im karierten Hemd und grüner Filzkappe – öffnet die Türe zum Gemeindesaal, oder Urversammlungssaal, wie er ihn nennt.
Der Saal ist vier Meter breit, sechs Meter lang, dort finden die Gemeindeversammlungen statt. Die rund 30 Quadratmeter reichen aus. Die Gemeinde zählt rund 30 Einwohnerinnen und Einwohner. «Wenn bei uns wie in anderen Gemeinden zwei bis drei Prozent der Stimmbevölkerung an der Gemeindeversammlung anwesend ist, haben wir mehr als genug Platz», sagt Zeiter. Das wären in Bister zwei oder drei Leute.
Oft ist Edwin Zeiter aber nicht im Gemeindehaus. Er mache die Büroarbeit lieber bei sich Zuhause. «So muss ich den Weg ins Gemeindehaus nicht machen. Und bei mir ist geheizt, im Gemeindehaus nicht, da sparen wir», sagt der 71-jährige pensionierte Lehrer mit einem Lächeln im Gesicht.
Wer bei der Gemeinde anruft, wird umgeleitet
So ist auch das Telefon der Gemeinde auf sein eigenes umgeleitet – auf sein Festnetzanschluss Zuhause, ein Handy besitzt er nicht. Auch die Finanzen regelt er noch altmodisch mit einem Kassabuch, das auf seinem Bürotisch liegt. Vom Geburtstagsgeschenk für einen 90-jährigen Einwohner bis zum WC-Papier für das Gemeindebüro: alles steht in diesem Milchbüechli. «Da kann man jeden Franken und Rappen sofort sehen, der hereingekommen ist und wieder ausgegeben wurde», sagt Zeiter mit einem gewissen Stolz in der Stimme.
Was ihn aber stört ist, dass dieses Buch für den Kanton, oder wie Edwin Zeiter es sagt: «für die da unten in Sitten» nicht mehr ausreicht. «Ich muss eine Revision machen lassen, die 2000 Stutz kostet. Und das für die paar wenigen Zahlen!» Das sei doch unnötig.
Wenn sich der parteilose Gemeindepräsident zu fest aufregt, geht er in sein Atelier und malt. Wochenlang sitze er da, bis er zufrieden ist mit den Geissen, Bergen und Alphütten. «Ich vergesse alles, bin in einer anderen Welt», sagt Zeiter, der in seinen jungen Jahren in Zürich an der Kunstschule studiert hatte.
Ich bin ein Mann für alles.
Er selber sagt von sich: «Ich bin Gemeindepräsident, Schreiber, Kassier, Gemeindearbeiter. Ich bin ein Mann für alles.» Das sei sehr streng, aufhören wolle er aber nicht. Auch deshalb, damit die Gemeinde nicht fusionieren müsse. Nachbardörfer seien zwar gleich mehrere an einer Fusion interessiert, Zeiter hat sie bisher aber alle abgewimmelt: «Wenn wir fusionieren würde, wären wir nur ein Weiler, der nichts mehr zu sagen hätte.»
Darum hofft er, dass sein potenzieller Nachfolger, den er gefunden hat, das Präsidium einmal übernehmen wird. «Die Gemeinde soll nicht nur meinetwegen leben, es sollen auch andere dahinterstehen», sagt Zeiter.
50 Amtsjahre sollen es werden
Aber noch nicht jetzt. Jetzt hat der drahtige Mann mit der grünen Filzkappe noch das Sagen. 50 Amtsjahre sollen es schon noch werden, wenn es nach ihm geht. Möglich ist das, denn seit Jahrzehnten macht ihm in Bister niemand den Präsidentenstuhl streitig.