Junge Menschen, die gegen den Klimawandel demonstrieren und manchen Älteren zu radikal sind. Oder die Alterung der Gesellschaft und die Kosten dafür, die vor allem die arbeitende Bevölkerung zu tragen hat. Das sind nur zwei Beispiele dafür, dass die Balance zwischen den Generationen unter Druck ist.
Driften die Altersgruppen deshalb auseinander? Das Berner Generationenhaus, eine Institution mit Begegnungs-, Beratungs- und Kulturangeboten, wollte es genauer wissen, und liess die Befindlichkeit und den Zusammenhalt der Generationen untersuchen. Die gute Nachricht dieses Generationenbarometers: Einen tiefen Graben gibt es nicht.
Andere Bruchlinien in der Gesellschaft werden stärker empfunden. So finden 71 Prozent der Befragten, die Schweiz drifte zwischen Arm und Reich auseinander, 57 Prozent geben an, es gebe eine Kluft zwischen links und rechts. Für 49 Prozent gibt es einen Stadt-Land-Konflikt. Doch nur 33 Prozent finden, zwischen Alt und Jung tue sich ein Graben auf. Diese Bruchlinie wird gleich stark empfunden wie der Röstigraben.
Lasten tragen die Jungen
Detlef Vögeli ist verantwortlich für das Veranstaltungsprogramm im Generationenhaus. Ihn überrascht dieses Ergebnis nicht. «Das deckt sich ja auch mit unseren Erfahrungen vor allem zu Beginn der Coronakrise, wir erlebten eine grosse Generationensolidarität.»
Zugleich zeige die Studie aber auch die Befürchtungen, dass die Auswirkungen des Klimawandels, der Sicherung der Altersvorsorge oder des Wandels der Arbeitswelt vor allem die jüngere Generation zu tragen habe.
Junge sollen mehr Rücksicht nehmen
Eine weitere Erkenntnis des Generationenbarometers: Die Gesellschaft erwartet von den jüngeren Menschen mehr als von den Älteren, wie Studienautor Michael Hermann vom Forschungsinstitut Sotomo erklärt. «So wird von den Jungen etwa erwartet, dass sie mehr Rücksicht nehmen, weniger fliegen, wenn sie schon ökologisch sind. Oder, dass sie sich stärker politisch beteiligen.»
Beim Beitrag, den die ältere Generation leisten könnte, sind die Befragten zurückhaltender. Am häufigsten geäussert wird der Wunsch, dass die Seniorinnen und Senioren Infrastrukturen wie den öffentlichen Verkehr weniger zu Stosszeiten nutzen.
Gemeinschaftsdienst für alle
Das Generationenbarometer geht auch der Frage nach, welche politischen Reformen einen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt der Altersgruppen leisten könnten. Besonders gut kommt ein obligatorischer Gemeinschaftsdienst für alle Männer und Frauen ab 18 Jahren an. 74 Prozent der Befragten finden einen solchen Dienst, der beim Militär, aber auch in der Pflege geleistet werden könnte, eine gute oder sehr gute Idee. 24 Prozent sind sehr oder eher dagegen.
Detlef Vögeli vom Generationenhaus kann einem solchen Dienst durchaus Positives abgewinnen. Er könnte zum Beispiel helfen, die Altenpflege zu entlasten. Doch Vögeli hat auch einen Einwand: «Die Frage ist aber für die Balance der Generationen, ob man da nicht auch wieder vor allem der jüngeren Generation mehr Last auferlegt.»
Stimmrecht ab 16 kommt schlecht an
Eine Reform zugunsten der jüngeren Generation wäre die Einführung des Stimm- und Wahlrechtsalters 16, Jugendliche würden damit politisch stärker beteiligt. In der Herbstsession sagte der Nationalrat Ja zu einem entsprechenden Vorstoss.
Im Generationenbaromter findet das allerdings nur wenig Anklang. Während sich dies 28 Prozent der Befragten klar oder eher vorstellen könnten, wollen 69 Prozent davon deutlich oder eher nichts wissen.