Am frühen Samstagmorgen hatte in der Ostschweiz die Erde gebebt. Die Seismographen registrierten eine Stärke von 3,6. Schäden sind bislang keine bekannt. Durch das Beben selbst war niemand in Gefahr.
Kampf gegen Gasaustritt
Sehr wohl aber durch einen Notfall, der indirekt zur Ursache des Bebens wurde.
Am Freitag war überraschend Gas mit grossem Druck ins Bohrloch gedrungen. Um einen Austritt zu verhindern, wurden 650 Kubikmeter Wasser und schwere Bohrspülung ins Loch gepumpt, wie Marco Huwiler, der Leiter des Geothermieprojekts bei der Stadt St. Gallen gestern erklärte. Dies löste dann vermutlich das Beben aus.
Nun wurde bekannt, dass der Gasaustritt äusserst gefährlich war. Es habe sich um eine «absolute Notsituation» gehandelt, sagt Ivo Schillig, Chef der St. Galler
Stadtwerke im Interview mit der «Sonntags Zeitung».
Krater hätte entstehen können
Schillig rechtfertigt die Massnahme, die den Erdstoss ausgelöst haben könnte. Wegen des austretenden Gases habe ein grosser Schaden gedroht. Die Bohranlage hätte zerstört werden können. Und: «Auf der Bohranlage waren Menschenleben in Gefahr.»
«Wenn die Anlage durch den starken Gasdruck hochgegangen wäre, wäre wohl ein grosser Krater entstanden. Es galt, die auf der Bohranlage beschäftigten Personen zu schützen», gab Schillig zu bedenken.
Ingenieure hatten keine Wahl
Schillig bestreitet aber, dass man durch die Gegenmassnahmen ein Erdbeben in Kauf genommen habe. Noch nie sei es bei einem hydrothermalen System, wie es in St. Gallen im Einsatz sei, zu einem solch schweren Erdbeben gekommen. «Die Ingenieure konnten nicht ahnen, dass es dazu kommen würde. Und sie konnten gar nicht anders handeln.»
Ein Krisenstab beobachtet nun die Lage und schätzt das Risiko ab, ob es zu weiteren schweren Erdbeben kommen könnte. Über einen Abbruch des Geothermie-Projekts in St. Gallen will Schillig nicht spekulieren: «Noch halten wir es für möglich, dass wir das Projekt ohne übergrosses Risiko zu Ende führen können.»