In der Stadt Bern ermittelt die Fremdenpolizei gegen einen Clan von rund 40 Personen aus Nordmazedonien, die im Gerüstbau tätig sind. Gegen ein Dutzend Personen und deren Umfeld laufen Strafuntersuchungen wegen Urkundenfälschung, Verstössen gegen das Ausländergesetz sowie Steuervergehen und Strassenverkehrsdelikten.
Mitglieder des Clans hätten bisher im Kanton Bern zirka 20 Unternehmen im Gerüstbau eröffnet. Vor allem wegen nicht deklarierter Einkünfte der Gerüstbaufirmen bewegt sich die Schadenssumme laut der Fremdenpolizei Bern im ein- bis zweistelligen Millionenbereich.
Die «Masche» mit dem Konkurs
Sie arbeiten auf dem Bau, ihre Firmen heissen unter anderem «M&H Gerüste AG». Ihre Dienstleistung bieten sie zu niedrigen Preisen an. Doch, irgendwann fehlt offenbar das Geld, um Löhne, AHV und Pensionskassenbeiträge zu bezahlen. Sozialbeiträge werden laut der Berner Fremdenpolizei nicht mehr entrichtet, auch keine Mehrwertsteuer.
Bevor die Firmen Pleite gehen, würden sich die Geschäftsführer laut der Fremdenpolizei daraus bedienen: Sie würden heimlich sechsstellige Beträge aus der Kasse nehmen und dann Konkurs anmelden. Kurz darauf gründen sie ein neues Unternehmen unter neuem Namen.
Der mutmassliche Kopf des Clans, der Nordmazedonier H.E. hat neunmal Konkurs gemacht. Er hinterlässt Schuldscheine in Höhe von rund einer halben Million Franken. Gegen ihn wurden gemäss Polizeiangaben bereits über ein Dutzend Strafbefehle wegen Urkundenfälschung, Strassenverkehrsdelikten und Verstössen gegen das Ausländergesetz erlassen.
Netzwerkstruktur aufgedeckt
Alexander Ott, Chef der Fremdenpolizei Bern, ist dem Clan auf den Fersen. «Wir stellen zunehmend fest, dass es eine Netzwerkstruktur gibt. Das bereitet uns Sorgen. Es geht um Parallelstrukturen, die im Gerüstbau und Bau-Nebengewerbe entstehen. Neben dem normalen Markt gibt es einen Schattenmarkt. Das ist wettbewerbsverzerrend für die Unternehmen, die sich an die Gesetze halten.»
Entsprechend sauer sind die Schweizer Gerüstbauer. Einer von ihnen, Daniel Hasler, fordert mehr Kontrollen. «Ich bin erstaunt, dass der Kanton nicht genauer hinschaut», sagt er. «Das ist ein Dorn im Auge von allen. Es kann nicht sein, dass solche Gerüstbauer die Preise unterbieten und uns derart schädigen. Das ist wirklich schlimm.»
«Ständig Probleme mit den Behörden»
Die «Rundschau» will mit H.E. sprechen, einer der zentralen Figuren im Clan. Auch er betreibt eine Firma, gegenwärtig heisst sie «M&H Gerüste AG». Er sagt, er habe ständig Probleme mit den Behörden. Ein Interview will er aber nicht geben.
Bei späteren Recherchen umzingeln mehrere Personen das Kamerateam der «Rundschau». Das Team wird bedroht und als «Hurensöhne» beschimpft.
H.E.s Anwalt, Manuel Rohrer, sagt zu dem Vorwurf, H.E. halte sich nicht immer an die Schweizer Gesetze: «Gerüstbauer sind keine Buchhalter. Sie krempeln die Ärmel hoch und stellen bei Wind, Regen und Kälte Gerüste auf. Dass es Fehler in den Abrechnungen gibt, kann passieren.»