Am 26. März begeht Peter Krempin, CEO der Zuger Firma Terraoil Swiss, einen groben Fehler: Er füllt das Covid-Notkredit-Formular falsch aus. In das Feld «Umsatzerlös» tippt er 21'103'997 Franken, bei «Nettolohnsumme»: 1'242'715 Franken. Aussergewöhnlich hohe Beträge für eine Firma mit sechs Angestellten.
Der CEO weigert sich, «Kassensturz», zu erläutern, wie dieser Umsatz zustande kommt. Laut Bericht der unabhängigen Revisionsstelle machte Terraoil 2019 nur einen Bruchteil des angegebenen Umsatzes (378’091 Franken).
«Kassensturz» vom 09.06.2020
Hobby-Prediger zockt mit Aktien gutgläubige Kirchgänger ab
«Kassensturz» deckte bereits im Juni auf, dass Terraoil Einnahmen aus Ölfeldern prognostiziert, die die Firma gar nicht nutzen kann. Damals ging es um den Aktienverkäufer Médard Kammermann, der jahrelang hemmungslos Terraoil-Aktien verkaufte. Der Finanzprofi war zudem Hobby-Prediger der Freikirche New International Church (Nic) in Biel. Dort missbrauchte er das Vertrauen innerhalb der Glaubensgemeinschaft, um Kunden zu akquirieren. Mehrere Kirchgänger und Kirchgängerinnen kauften über Kammermann Aktien und verloren jeweils Hundertausende Franken. Kammermann sass auch im Verwaltungsrat der Terraoil.
Entweder zählte Krempin die für 20 Millionen Franken verkauften Aktien, die Anlegern aufgeschwatzt wurden, zum Umsatz (siehe «Kassensturz» vom 09.06.20). Das wäre nicht statthaft. Oder er rechnete mit viel Fantasie den Umsatz der Terraoil-Tochterfirma in Albanien dazu. Dort will Terraoil laut eigenen Angaben mit Ölförderung das grosse Geld machen: «Die Strategie von Terraoil zielt darauf ab, ein führender Ölproduzent in Albanien zu werden und den Aktionären signifikante Renditen zu bieten.»
Nur: Dass auf dem Ölfeld überhaupt etwas läuft, ist umstritten. «Kassensturz» verlangt seit Monaten vergeblich Belege. Und Christian Dreyer, unabhängiger Analytiker und Investor CFA, sagt: «Aufgrund des Revisionsberichts sehe ich keine relevante wirtschaftliche Tätigkeit der Firma in Albanien.» Heisst: Das in Zug von Investoren bezahlte Geld fliesst seit Jahren zur albanischen Tochterfirma, zurück kommt nichts. Ein nicht abgesichertes Millionen-Darlehen. Das widerspricht den Bedingungen des Covid-Kredits.
Ob die 21 Millionen im Kreditantrags-Formular durch einen vermeintlichen Umsatz der Tochterfirma oder durch einen buchhalterischen Trick zustande kamen, spielt keine Rolle. Firmen, die die minimen Kontrollen des Notkredits ausnützen, handeln grundsätzlich illegal. Es geht um möglichen Betrug und Urkundenfälschung. Beides kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren und einer Busse bis 100‘000 Franken geahndet werden. So steht es fettgedruckt in der Covid-19-Kreditvereinbarung. Dieses Formular hat der Terraoil-CEO Peter Krempin unterschrieben.
Nach dem ersten Beitrag über Terraoil meldeten sich viele verunsicherte Anleger bei «Kassensturz» und lieferten interne Papiere. «Kassensturz» legte die Dokumente dem Wirtschafts-Anwalt Hans Hofstetter vor. Laut ihm dürften Firmen, die den Covid-Kredit beanspruchen, Tochtergesellschaften im Ausland keine Darlehen geben: «Wenn das hier geschehen wäre, müsste man zusätzlich das Delikt der Geldwäscherei prüfen.» Terraoil schreibt dazu: «Sie können davon ausgehen, dass wir uns an die gesetzlichen Vorgaben im Zusammenhang mit dem Covid-19-Kredit gehalten haben und halten werden.» Zum Vorwurf der möglichen Geldwäscherei schweigt Terraoil.
Wie kann ein solches Unternehmen einen Covid-Kredit erhalten? Die Hausbank der Terraoil, die Credit Suisse, erklärt: «Zu möglichen Kundenbeziehungen können wir uns nicht äussern. Ziel des Covid-Kreditprogramms war es, KMU sehr rasch und unkompliziert mit Liquidität zu versorgen und so die Schweizer Wirtschaft zu unterstützen. Bei Verdacht auf Missbrauch arbeiten wir konsequent mit den zuständigen Behörden zusammen.»
Seltsam: Als Hausbank kennt die CS die hohen Überweisungen der Terraoil nach Albanien. Und aus den Konten müsste ersichtlich sein, dass nie Geld zurückgeflossen ist.