Pfusch, überhöhte Rechnungen oder illegaler Medikamentenverkauf: Wenn Ärzte, Zahnärzte oder andere Mediziner kriminell werden, drohen ihnen nicht nur rechtliche Konsequenzen. Sie können von den kantonalen Behörden zusätzlich sanktioniert werden. Die Palette reicht von der simplen Verwarnung bei leichteren Verstössen bis zum unbefristeten schweizweiten Berufsausübungsverbot.
Eine Analyse von Daten des Medizinalregisters MedReg des Bundesamtes für Gesundheit BAG zeigt erstmals, mit welchen Disziplinarmassnahmen Mediziner in der Schweiz bestraft werden.
Seit 2013 haben kantonale Behörden 147 weiche Massnahmen wie Verwarnungen, Verweise sowie Bussen bis 20’000 Franken ausgesprochen. In derselben Zeit wurden 102 harte Sanktionen wie befristete Berufsverbote oder Bewilligungsentzüge gefällt. Nur Humanmediziner waren es 40 Entzüge. Teilweise fallen mehrere Massnahmen auf denselben Mediziner.
So haben es die Aargauer Gesundheitsbehörden im Fall des Arztes Ingo Malm gemacht: Sein Bewilligungsentzug ging einher mit einer Busse von 5000 Franken. Malm wird Betrug, Urkundenfälschung und Veruntreuung vorgeworfen. Er sass 2018 zwischenzeitlich in Untersuchungshaft, inzwischen wird sein Prozess vorbereitet.
Freiburg straft am meisten
Auffällig: Auf Kantonsebene gibt es bei den Sanktionierungen grosse Unterschiede. Im Kanton Freiburg wird im Verhältnis zu den registrierten Medizinern am meisten gestraft. Seit 2013 wurden den 1622 aktiven Medizinern 23 Disziplinarmassnahmen auferlegt. Basel-Land hingegen sanktionierte deutlich weniger. Obwohl hier mehr Ärzte als in Freiburg arbeiten, verhängte der Kanton in der gleichen Zeit nur zwei Massnahmen. In den sieben Kantonen mit den wenigsten Medizinern wurden gar keine Strafen ausgesprochen.
Auch der Kanton Genf tanzt aus der Reihe. Hier gibt es fast 6000 registrierte Mediziner, der dritthöchste Wert aller Kantone. Trotzdem wurde seit 2013 nur in neun Fällen eine Strafe verhängt. Dies steht im Gegensatz zum Kanton Waadt, der rund 400 Mediziner weniger hat, in der gleichen Zeit aber 52 Mal zum Sanktionskatalog griff.
Wie kann das sein? Daniel Tapernoux von der Schweizerischen Stiftung Patientenschutz SPO sagt: «Einerseits unterscheiden sich die Kantone in Handhabung und Gesetzgebung. So ist es etwa verschieden, was man als Arzt alles einreichen muss, damit man eine Berufsausübungsbewilligung bekommt.» Andererseits sei die Hürde, dass einem Arzt Fehler nachgewiesen werden können, relativ gross. «Das kann die Zahl der Sanktionen klein halten.»
Tapernoux begrüsst grundsätzlich die Transparenz des MedReg-Registers. Zusätzlich fordert die SPO aber, dass bei entzogenen Bewilligungen im MedReg genauer nach Gründen – z. B. Entzug, Verweigerung – unterschieden wird und dieses System in allen Kantonen einheitlich gehandhabt wird.
Für Thomas Heiniger, Präsident der Schweizerischen Gesundheitsdirektorenkonferenz GDK, haben die Disziplinarmassnahmen eine «abschreckende Wirkung». Bei kleineren Verstössen würde auf Einträge ins Register verzichtet, wenn sich die Fehlbaren einsichtig zeigten. Es sei aber so, dass die Eingreifschwelle von Kanton zu Kanton verschieden seien. Die GDK kündigt an, mit der Vereinigung der Kantonsärzte eine Zwischenbilanz zur Handhabung des MedReg zu ziehen.