- Ein Dutzend Taliban sind am Sonntag auf Einladung von Geneva Call, einer Nichtregierungsorganisation (NGO) mit Sitz in Genf, für einige Tage in Genf eingetroffen.
- Bei den Gesprächen soll es unter anderem um den humanitären Zugang zur Bevölkerung und um die Achtung der Menschenrechte in Afghanistan gehen.
- Neben Treffen mit der NGO sollen sie auch Gespräche mit Vertretern der Bundesbehörden führen.
Auf Anfrage von SRF hat ein Sprecher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) bestätigt, dass sich eine Gruppe von Taliban-Vertretern auf Einladung einer NGO in Genf befinde. Der Bund sei nicht Organisator des Besuchs der Taliban-Delegation in Genf. Ihre Anwesenheit auf Schweizer Boden stelle keine Legitimation oder Anerkennung der Taliban dar.
«Für diese Woche ist ein Treffen mit einer Delegation des EDA geplant, die sich aus Vertretern der DEZA, der Abteilung Frieden und Menschenrechte und der Politischen Abteilung Asien und Pazifik zusammensetzt», bestätigte der EDA-Sprecher. Übereinstimmenden Quellen zufolge wurde die Einladung von Geneva Call ausgesprochen.
In Genf soll die NGO Geneva Call mit den Taliban eine Reihe von Themen ansprechen, die Teil der Verpflichtungserklärungen sind, die die bewaffneten Gruppen regelmässig bei ihr unterzeichnen. Dazu gehören der Schutz von Kindern in Konflikten und der Umgang mit Gebieten, die mit Antipersonenminen verseucht sind. Auch Menschenrechte, humanitärer Zugang und der Schutz von humanitären Helfern werden diskutiert.
Die NGO, die versucht, die Anwendung des humanitären Völkerrechts (HVR) durch nichtstaatliche bewaffnete Gruppen zu stärken, ist seit vielen Jahren in Afghanistan aktiv. Sie führt seit langem Dialoge mit den Taliban, auch seit deren Machtübernahme im August letzten Jahres.
Jüngstes Treffen in Oslo
Afghanischen Journalisten zufolge wird die etwa zehnköpfige Taliban-Delegation von Mufti Latifullah Hakimi, einem hochrangigen Führer der Bewegung und hohen Beamten des afghanischen Verteidigungsministeriums, angeführt. Es seien auch Gespräche mit Vertretern anderer europäischer Staaten geplant, hiess es weiter.
Die Islamisten streben nach internationaler Anerkennung, stossen jedoch auf Forderungen nach Garantien in Bezug auf die Menschenrechte, insbesondere die Lage der Frauen. Derzeit wird Afghanistan in Genf noch von dem von der früheren Regierung ernannten Botschafter Nasir Andisha vertreten. Er ist liberal und gegen die Taliban eingestellt und hat die Fundamentalisten wiederholt vor dem Menschenrechtsrat angeprangert. Die gleiche Situation war auch in New York zu beobachten.