Es ist vermutlich die grösste Rückholaktion in der Geschichte der Schweiz, sagt Hans-Peter Lenz, Leiter des Krisenmanagement-Zentrums des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Tausende von Touristen, die irgendwo auf der Welt festsitzen, will er mit seinem Team zurückholen.
Rund 17'000 Schweizerinnen und Schweizer haben sich bereits auf der App des EDA «Travel Admin» registriert. Für viele ist klar, sie kommen nicht mehr heim.
«SRF Espresso»: Herr Lenz, was raten Sie Personen, die tatsächlich gestrandet sind?
Hans-Peter Lenz: Ganz wichtig ist, Ruhe zu bewahren und auch im Ausland die Regeln des BAG bezüglich Abstand und Hygiene einzuhalten.
Aber all jene, die nach Hause kommen könnten: Sollen sie zurückkommen?
Der Aufruf des Bundesrates war ein Weckruf. Bis dahin war vielen der Ernst der Lage nicht bewusst. Es war wichtig, den Leuten klarzumachen: Die Grenzen gehen zu, Fluglinien werden nicht mehr fliegen, es wird Probleme geben. Die Botschaft war: Überlegt euch gut, ob ihr da bleiben wollt, wo ihr im Moment seid. Und wenn ihr eine Möglichkeit habt zurückzukehren, tut das.
Welches Risiko gehe ich ein, wenn ich im Ausland bleibe?
Kein grösseres Risiko als hier in der Schweiz, denke ich. Aber ich muss mir ein paar Fragen stellen: Wie ist die Gesundheitsversorgung im jeweiligen Land? Bin ich an einem Ort, an dem ich kaum mit dem Virus in Kontakt kommen kann? Und kann ich auch für längere Zeit da bleiben? Wenn ja, dann kann ich relativ ruhig bleiben. Aber man muss sich bewusst sein: Wie lange diese Situation dauern wird, wissen wir alle nicht.
Im Ausland gibt es vermutlich kein grösseres Risiko als hier in der Schweiz. Aber ich muss mir ein paar Fragen stellen.
Jetzt gerade läuft eine Rückholaktion aus Südamerika. 750 Leute holen Sie von dort zurück. Sie wollen alle Kontinente anfliegen, Priorität haben Südamerika, Asien und Afrika. Wegen der Gesundheitsversorgung?
Das ist sicher ein Element. Ein anderer Grund ist: Wir fangen an jenen Orten mit dem meisten Registrierungen und mit den grössten Gruppierungen an, die leicht erreichbar sind.
Viele TouristInnen fühlen sich alleine gelassen. Es fehle auch die direkte Information der Airlines.
Ich verstehe den Unmut. Der Grund ist wohl der, dass Reiseagenturen und Fluggesellschaften im Moment schlicht keine Lösungen anzubieten haben, und das ist schwierig zu kommunizieren. Aber ich spüre auch ein riesiges Engagement von Seiten der Reiseagenturen, das Möglichste zu tun. Wichtige Hubs wie Singapur sind bereits zu, und Dubai wird wohl auch zugehen. Das erschwert die Möglichkeiten, Flugverbindungen zu finden.
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Kann ich Angehörige im Ausland von hier aus unterstützen?
Das ist jetzt vor allem die Aufgabe der EDA-Vertretungen in den jeweiligen Ländern. Unsere Leute vor Ort müssen helfen. Sei es, wenn die Finanzen eng werden, wenn Hotels geschlossen werden und die Betroffenen nicht wissen wohin. Aber auch für Hilfe in gesundheitlichen Fragen.
Das Interview führte Stefan Wüthrich.