Schlägereien, Messerstechereien und Drogenhandel: Seit Monaten sorgt die Dreirosenanlage in Basel für negative Schlagzeilen. Die Parkanlage ist vom beliebten Freizeittreffpunkt für viele zur «No-go-Area» geworden. Die Polizei spricht von einem Hotspot. Sogar ein 10-jähriges Mädchen ist von einem Unbekannten mit einem Messer bedroht worden.
Jetzt greifen die Behörden zu einem selten eingesetztem Mittel: Seit Mitte August wird die Anlage von 16 Kameras gefilmt, 24 Stunden am Tag.
«Die Situation war tatsächlich prekär», sagt Sicherheitsdirektorin Stephanie Eymann (LDP). Der Druck, etwas zu unternehmen, war gross. Die Polizei habe zu diesem Mittel greifen müssen, betont Eymann.
Ich bin vorsichtig optimistisch.
«Wir können nicht rund um die Uhr Polizeipräsenz markieren, weil wir noch viele andere Aufgaben haben.» Deshalb habe sich die Videoüberwachung, die auch vom kantonalen Datenschutzbeauftragten abgesegnet ist, angeboten.
Rund drei Wochen nach Start der Videoüberwachung zeige sich nun tatsächlich eine Beruhigung der Lage. Doch Eymann betont gleichzeitig, dass es für eine vertiefte Bilanz noch zu früh sei. Erst Mitte September will die Polizei Erkenntnisse auswerten und publizieren. «Ich bin vorsichtig optimistisch», fasst Eymann ihr Grundgefühl zusammen.
Eymann betont weiter, dass die Massnahme in der Bevölkerung gut ankomme und dies, obwohl eine Videoüberwachung im öffentlichen Raum regelmässig kontrovers diskutiert wird. «Ich habe bislang keine negative Reaktion erhalten», sagt die Sicherheitsdirektorin.
«Gewisse Beruhigung eingetreten»
Auch Marc Moresi, Co-Leiter des Jugendzentrums Dreirosen, das unmittelbar an die Anlage grenzt, äussert sich erst vorsichtig: «Das erste Gefühl sagt mir, dass eine gewisse Beruhigung eingetreten ist.»
Fakt ist: Seit der Installation der Kameras gab es keine Meldungen über schwere Gewaltdelikte im überwachten Gebiet.
Dennoch gibt es skeptische Stimmen, die bezweifeln, dass 16 Kameras die Situation auf der Dreirosenanlage nachhaltig beruhigen können: «Ich verstehe, dass man zu diesem Mittel greift, aber man darf sich nicht zu viel erhoffen», meint SP-Grossrat Mahir Kabakci, der selber in der Nachbarschaft wohnt.
Drogendeal vor laufender Kamera
Zum Beweis zeigt Kabakci auf eine Gruppe junger Männer, die ihre Drogendeals weiterhin abwickeln – auch während des Interviews mit der Journalistin und offensichtlich unbeeindruckt von den Kameras.
Dennoch hofft auch Kabakci, dass die Gewaltdelikte abnehmen. Denn: «Für Eltern ist es leider mittlerweile ein Ort, an dem sie ihre Kinder nicht mehr mit gutem Gewissen spielen lassen können.»
Allzu grosse Hoffnungen dürfe man sich nicht machen. Zu diesem Schluss kommt Francisco Klauser, Professor für Geografie an der Universität Neuenburg. Klauser hat ähnliche Projekte wissenschaftlich begleitet und betont, dass die Videoüberwachung kein Wundermittel sei.
Videoüberwachung ist kein Wundermittel.
Zwar könnten Videokameras die Situation vorübergehend beruhigen. Längerfristig sei der Nutzen aber gering. Das zeige ein vergleichbares Beispiel aus Genf, wo ein Quartier während zwei Jahren von Videokameras überwacht wurde. «Auf der Grundlage von sehr detaillierten Polizeistatistiken haben wir festgestellt, dass die Abschreckung langfristig nicht funktioniert», sagt Klauser und ergänzt: «Polizeipatrouillen dürfen nicht durch Kameras ersetzt werden.»