Rund tausend Stricher schaffen allein in Zürich an, vor allem aus Asien, Lateinamerika und Osteuropa. Unter den Osteuropäern stammen viele aus Rumänien, die meisten von ihnen sind nicht homo-, sondern heterosexuell. Weil sie Geld verdienen wollen und hier kaum Arbeit finden, bieten sie ihren Körper für Geld an.
Mit Füssen getreten
Im Homosexuellen-Milieu geht die Angst um. Denn Hetero-Stricher gelten als gewalttätig und brutal. Der Männer-Sex passt nicht zu den Wertvorstellungen, welche sie aus Rumänien mitbringen. Es kommt zu Überfällen, die meisten werden nicht angezeigt.
Letzten Monat fand in Zürich ein Prozess gegen zwei rumänische Stricher statt. Sie hatten einen Barmann fast totgeprügelt. Selbst, als das Opfer bewusstlos am Boden war, hörten sie nicht auf. Sie traten weiter mit den Füssen gegen seinen Kopf. Staatsanwalt Matthias Stammbach: «Eine solche Gewalt, wie sie hier zum Vorschein kam, habe ich noch nie erlebt.»
Fast totgeprügelt
Hansruedi Kuratli ist seit dem Überfall schwer gekennzeichnet. Er sieht nicht mehr richtig, bewegt sich mit einem weissen Stock auf der Strasse. Dazu kommen Gleichgewichtsstörungen und Depressionen. Er wird wohl nie mehr ein normales Leben führen können.
Kuratli kann nicht verstehen, warum die beiden Stricher nicht aufgehört haben, auf ihn einzuschlagen. «An den Überfall habe ich keine Erinnerung», sagt er. «Ich empfinde nicht einmal Wut auf die Täter. Vielleicht wäre das einfacher für mich. Aber es geht nicht.»
Neun Jahre Haft für Täter
Einer der Täter ist Constantin Blanariu, 25 Jahre alt. Er kommt aus Falticeni in Rumänien. Seit anderthalb Jahren sitzen Blanariu und sein Kumpane im Gefängnis. Letzten Monat erging das Urteil: Neun Jahre Haft.
Es tue ihm leid, so der Hilfsarbeiter, der ohne festen Wohnsitz in der Schweiz gelebt hat. «Ich entschuldige mich», sagt Blanariu im Gefängnis. Er habe sich gewandelt. «Vorher war ich brutal. Wenn mir etwas nicht gefiel, wurde ich sofort nervös. Aber jetzt bin ich kontrolliert.»
20'000 Franken für ein Wochenende
Der Stricher erzählt, er habe von der Prostitution gut gelebt. Für ein Wochenende mit einem Freier habe er bis zu 20'000 Franken bekommen. Für ihn sei das nicht besonders viel. Schliesslich habe er auch Ausgaben gehabt, um gut auszusehen – teure Kleidung und Parfüms.
Hansruedi Kuratli hingegen kann nicht mehr als Barmann arbeiten und lebt von 2700 Franken, die ihm die Unfallversicherung zahlt. Das reicht gerade für Miete und Krankenkasse. Damit er sich auch mal etwas leisten kann, stecken ihm die Eltern Geld zu. Sein Vater, pensionierter Buschauffeur aus dem Toggenburg, sagt: «Wir haben selbst nicht viel. Aber wir helfen unserem Sohn.»
Seine Peiniger, die beiden rumänischen Stricher, werden voraussichtlich des Landes verwiesen, nachdem sie ihre Strafe abgesessen haben. Doch es kommen täglich neue nach. Marco Cortesi, Mediensprecher der Stadtpolizei Zürich, sagt: «Man muss den Strichern beweisen, dass sie der Prostitution nachgehen und nicht als Touristen unterwegs sind. Das ist eine schwierige Arbeit für die Polizei.»