Vier Strafrechtsprofessoren der Universität Bern haben gegen die Ghostwriting-Agentur Acad Write Strafanzeige eingereicht. Sie werfen einer der grössten Fremdschreiber-Agenturen Europas mit Sitz in Zürich «Mittäterschaft und Gehilfenschaft» zur Urkundenfälschung und Betrug vor. Allein letztes Jahr kauften 200 Schweizer Studenten wissenschaftliche Arbeiten bei dieser Ghostwriting-Firma, wie die «Rundschau» berichtete.
«Rundschau»-Beitrag von letzter Woche
Die Strafanzeige wird jetzt ad acta gelegt – ohne dass die Staatsanwaltschaft Zürich überhaupt Ermittlungen aufgenommen hat. Die Universität Bern erhielt eine sogenannte «Nichtanhandnahme-Verfügung».
Staatsanwaltschaft Zürich: «Es ist für uns erledigt»
Mediensprecherin Corinne Bouvard von der Staatsanwaltschaft Zürich bestätigt: «Die Staatsanwaltschaft Zürich hat keine Hinweise auf einen konkreten Fall von Ghostwriting. Der Tatbestand der Urkundenfälschung ist aus Sicht der Staatsanwaltschaft nicht erfüllt. Damit ist es für die Zürcher Staatsanwaltschaft erledigt.»
Kommenden Montag, am 18. Januar, wird der Entscheid der Zürcher Staatsanwaltschaft rechtskräftig. Rekursmöglichkeit hat die Uni Bern keine.
Strafrechtsprofessor Uni Bern: «Das grenzt an Arbeitsverweigerung»
Strafrechtsprofessor Christopher Geth von der Universität Bern versteht nicht, dass die Strafanzeige gegen die grösste Ghostwritingagentur zu den Akten gelegt wird. Christopher Geth, Strafrechtsprofessor der Uni Bern erklärte der «Rundschau»: «Wir empfinden das als Affront gegenüber der Uni und der Gesellschaft, die ein Interesse hat, das Ghostwriting verhindert werden kann. Die Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft Zürich grenzt fast an Arbeitsverweigerung.»
Staatsanwaltschaft St.Gallen: «Wir nehmen das sehr ernst»
Ganz anders die Staatsanwaltschaft St.Gallen, wo die Universität ebenfalls eine Strafanzeige eingereicht hat. Staatsanwalt Roman Dobler zur «Rundschau»: «Die Staatsanwaltschaft hat erste Ermittlungen eingeleitet und nimmt das sehr ernst. Wir recherchieren zusammen mit der Universität St.Gallen nach Studenten, die gekaufte Arbeiten eingereicht haben.»