Jeden Arbeitstag gut 700 Züge und über 100'000 Passagiere: Der Bahnhof Luzern ist nach Zürich, Bern und Genf der viertgrösste der Schweiz – und läuft seit Jahren hart an der Kapazitätsgrenze. Bereits länger gibt es darum die Idee, die Engpässe in der Bahninfrastruktur durch einen unterirdischen Durchgangsbahnhof zu beheben.
Nun hat die SBB ein konkretes Vorprojekt dazu abgeschlossen. Nach der Präsentation der Pläne zeigt sich: Luzern soll ein Jahrhundertbauwerk für 3.3 Milliarden Franken erhalten – inklusive einer mindestens zehn Jahre dauernden Grossbaustelle mitten in der Stadt.
Heute nur durch Engpässe erreichbar
Das Problem des heutigen Eisenbahnknotenpunkts Luzern: Er ist ein Kopfbahnhof, den alle Züge wieder über jene Gleise verlassen müssen, über die sie angekommen sind. Für zusätzliche Zufahrtsgleise fehlt der Platz.
Die eingleisig geführte Strecke entlang des Rotsees und die zweigleisige Zufahrt durch den engen Gütschtunnel sind Nadelöhre, die die Erreichbarkeit Luzerns auf der Schiene stark einschränken.
Der geplante Ausbau besteht aus drei Elementen. Zum einen aus einem unterirdischen Bahnhof mit vier Gleisen. Zum anderen aus zwei Tunnels, die ihn erschliessen: Der knapp 4 Kilometer lange Dreilindentunnel, der rund 400 Meter unter dem Seebecken hindurchführt, bringt die Züge im Vorort Ebikon auf die Bahnlinie in Richtung Zürich und Gotthard – und der gut 2 Kilometer lange Neustadttunnel behebt das Nadelöhr Gütschtunnel.
Die SBB rechnet dabei mit einer Bauzeit von elf bis 13 Jahren. Im Gegensatz zu früheren Abklärungen geht sie heute davon aus, dass der Tunnelabschnitt unter dem See gebaut werden kann, ohne das Seebecken trocken legen zu müssen.
Offen ist allerdings noch, ob zuerst der unterirdische Bahnhof oder einer der Tunnels zuerst gebaut werden soll – die SBB wollen bis Ende dieses Jahr festlegen, in welcher Abfolge die Bauarbeiten am sinnvollsten sind.
Kanton will in Bern für Finanzierung kämpfen
Das ist allerdings nicht der einzige Aspekt, der noch offen ist. Beschlossene Sache ist der Durchgangsbahnhof nämlich noch nicht. Entscheiden darüber wird das Bundesparlament voraussichtlich 2027. Dabei steht das Projekt in der Zentralschweiz in Konkurrenz zu anderen Eisenbahn-Infrastrukturprojekten, etwa im Knoten Basel oder zwischen Winterthur und St. Gallen.
Der Luzerner Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdirektor Fabian Peter (FDP) will die kommende Zeit darum nutzen, um auf Bundesebene für das Projekt zu weibeln. Er will erreichen, dass das Parlament das Geld für das gesamte Projekt auf einmal spricht und es nicht bloss etappenweise bewilligt.
«Wir müssen der ganzen Schweiz nun klarmachen, dass wir seit 50 Jahren keine neue Bahninfrastruktur bekommen haben», sagt er. «Jetzt ist wieder mal die Zentralschweiz an der Reihe.» Ohne Durchgangsbahnhof werde Luzern das für die kommenden Jahrzehnte erwartete Wachstum an Mobilität nicht verkraften können.
Jetzt ist die Zentralschweiz wieder mal an der Reihe.
«Wir bringen hier keinen einzigen zusätzlichen Zug mehr rein», so Peter. Dies wäre fatal für den ÖV in der ganzen Zentralschweiz – denn eine S-Bahn im Viertelstundentakt, halbstündliche Verbindungen nach Bern oder internationale Züge seien mit der heutigen Infrastruktur nicht realisierbar.
Doch auch wenn das Bundesparlament Ja sagt zum Durchgangsbahnhof: Bis sich Luzerns Anschluss ans Schienennetz verbessert, dauert es noch lange – Baubeginn dürfte frühestens in gut zehn Jahren sein.