Das Wichtigste in Kürze:
- Kunden die einen Notfall-Sanitär über die Seite sani24s.ch aufboten, wurden abgezockt.
- Fachleute kritisieren die langen Wartezeiten und horrende Rechnungen.
- Die Verantwortlichen verstecken sich hinter einem undurchsichtigen Firmennetzwerk.
- Die Namen der beteiligten Firmen und Webseiten ändern häufig, die Masche bleibt bestehen.
«Ich hatte wirklich Angst, es war ein schlimmes Erlebnis.» Der ehemaligen Kundin K.I. geht die Begegnung mit den Männern immer noch nahe. Zwei Sanitär-Installateure haben sie bedrängt, mit einer stark überhöhten Rechnung abgezockt und mit verdreckten Böden und verstopften Toiletten sitzen lassen.
Die Google Falle
Die Falle schnappt schon bei Google zu: Ob Aarau, Luzern, Basel oder Bern – egal wo Kunden einen Sanitär suchen, die Seite sani24s.ch übernimmt einfach den Suchbegriff. Auf der Hompage steht dann zum Beispiel gross: «Sanitärinstallateur Aarau».
So wird suggeriert, dass die Handwerker aus der Region kommen. Erst das Kleingedruckte auf der Seite zeigt: Die Anrufe nehmen Callcenter-Agenten in München entgegen.
Fünf Stunden Wartezeit bei Notfall
Online schreibt der Notfalldienst Sani24s dennoch: «Unser Fachmann ist in den meisten Fällen schnell vor Ort.» Dies versprechen auch die Agenten im Callcenter. In der Realität warten Betroffene oft stundenlang. Zuschauer berichten «Kassensturz» von Wartezeiten von zwei bis fünf Stunden.
Nicht nur die Wartezeiten, auch die Arbeitsmethoden waren bei ihr nicht professionell, berichtet Kundin K.I.: «Sie haben mir einen Zettel in die Hand gedrückt und gesagt, ich müsse unterschreiben, vorher fangen sie gar nicht an zu arbeiten.» Üblicherweise unterschreiben Kunden den ausgefüllten Rapport mit dem Rechnungsbetrag nach getaner Arbeit.
Ich wurde völlig über den Tisch gezogen.
Die Handwerker schätzen die Kosten bei K.I. anfangs auf rund 700 Franken. Doch es kommt anders. Nach zwei Stunden Arbeit ist die Verstopfung noch nicht behoben. Die Installateure sagen der verdutzten Kundin stattdessen, sie müsse einen Kanalreiniger aufbieten. Ihre Arbeit sei beendet.
Der Schock: Für ihre unfertige Arbeit verlangen die Sanitäre 2028 Franken. «So viel Geld hatte ich nicht im Haus. Ich sagte, ich könne auf Rechnung bezahlen. Das wollten sie nicht. Sie wollten es bar.» Schliesslicht zahlt sie 1400 Franken vor Ort mit der Bankkarte und den Rest auf Rechnung. Sie fühlt sich von den beiden Männer im Haus bedrängt: «Ich wurde völlig über den Tisch gezogen. Ich hoffe, dass mir das nie mehr passiert», so K.I.
700 Franken für 20 Minuten Arbeit
Bei «Kassensturz» melden sich weitere Betroffene. Auch A.Z. aus Basel traute sich nicht, sich gegen ihre horrende Sanitärrechnung zu wehren. Für 20 Minuten Arbeit am Siphon in der Küche wurden ihr fast 700 Franken verrechnet. «Ich hatte ja bereits unterschrieben», sagt sie.
Christian Gloor, Präsident des Haustechnikverbandes Suissetec im Kanton Bern, hat die Rechnungen für «Kassensturz» studiert. Die Rechnungen seien überhöht.
Die Beträge sind jenseits von gut und böse.
«Es werden 100 Franken für einen Abflussreiniger verrechnet. 40 bis 50 Franken sollten da reichen», so der Fachmann. Und auch 150 Franken für den Einsatz einer Pumpe seien jenseits von gut und böse.»
Christian Gloor kritisiert auch, dass immer zwei Installateure kommen. Für viele Reparaturen wie einfache Verstopfungen oder einen defekten Spülkasten reiche eine Person.
Dahinter steckt ein Netzwerk
Hinter der Abzocke mit Sanitärnotdiensten steckt ein Geflecht von Firmen, die zusammenarbeiten. Egal, wo jemand einen Notfall-Sanitär benötigt, in den Fällen, die «Kassensturz» vorliegen, kommen die Handwerker immer von zwei Firmen: 24h Facility Services in Zürich. Und 24hSanitärnotdienst in Jona.
An den beiden Firmensitzen befinden sich aber keine Einsatzwagen einer Sanitärfirma, sondern nur die Briefkästen einer Anwaltsfirma. Die Verantwortlichen sagen, sie erfüllten sogenannte Domizildienstleistungen. Sie stellten ein Büro zur Verfügung und würden Post weiterleiten. Zum operativen Geschäft könnten sie nichts sagen.
Die Spuren führen nach Schinznach-Bad
Der Blick ins Handelsregister zeigt: Alle Geschäftsführer sind deutsche Staatsbürger. Ihre Firmen hängen eng zusammen. Im Klartext: Die vier eingetragenen Verantwortlichen für die Betreiberin der Homepage sani24s und die insgesamt sechs Geschäftsführer der beauftragten Sanitärfirmen in Zürich und Jona haben alle den gleichen Wohnsitz: der Gasthof Rössli in Schinznach Bad.
Service
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Vor Ort trifft «Kassensturz» keinen Verantwortlichen an. Der Wirt des Rösslis sagt, er vermiete den Sanitär-Installateuren zwei Zimmer mit je zwei Betten. Er wisse nichts über deren Geschäfte. Als Mieter seien sie stets korrekt.
Von den beteiligten Firmen erhält «Kassensturz» trotz mehrfacher Anfragen keine Stellungnahme. Aber wir erfahren: Zuständig für das Geschäft mit den Sanitärnotdiensten ist ein alter Bekannter: Slava Zytlenok. Dieser Mann ging dem «Kassensturz» vor drei Jahren in die Falle mit der versteckten Kamera (zum Beitrag). Schon damals zockte er als Geschäftsführer eines Notfalldienstes Kunden ab: Mit einem Schlüsseldienst, der unnötige Arbeiten ausführte und überrissene Rechnungen stellte. Auch Salva Zytlenok beantwortete unsere Fragen nicht.