Zur Mittagszeit wird es eng unter den Berner Lauben – auch an Tagen ohne Extra-Rabatte. Doch an diesem Freitag tragen die Menschen besonders schwere Tüten an ihren Handgelenken.
Da sind etwa zwei Jugendliche aus der Region, welche Kleider gekauft haben: «T-Shirts, Pullover – für relativ viel Geld, trotz der Rabatte,» sagt der ältere von ihnen, er ist 17 Jahre alt. Sie begrüssen den Black Friday. Wenige Schritte weiter lacht eine Gruppe junger Frauen – sie haben eben ein Geschäft verlassen, kleine Papiertaschen mit Geschenken. «Meine Freundin hat Geburtstag, so haben wir von den attraktiven Preisen profitiert,» erklärt eine von ihnen.
Wer bezahlt dafür?
Bei zwei Kleidergeschäften haben sich Klimastreikende vor den Rabattschildern positioniert – sie halten Kartons mit konsumkritischen Sprüchen hoch wie: «Jemand bezahlt für den Wahnsinn.»
Ein Passant hält inne und sagt: «Ihr habt recht. Gut, engagiert Ihr Euch!». Die beiden Angesprochenen freuen sich – es gebe aber auch aggressive Kommentare, räumt der eine ein. Der 55-jährige Berner begründet seinen positiven Zuspruch: «Konsumenten brauchen viel CO2 – schliesslich steckt in jedem Produkt viel Energie.»
Kritik am System
Einige brechen zum Klimastreik am Helvetiaplatz am Mittag auf, wo sich bereits eine stattliche Gruppe versammelt hat. Auf dem Platz erklingen Sprechchöre für verbindliche Klimaziele und weniger CO2-Ausstoss. Kritische Stimmen zur kapitalistischen Wirtschaft, die wächst, ohne nachhaltig zu sein.
«Ich bin gegen das Profitstreben,» sagt eine 19-Jährige, die mit ihren Freunden da ist. «Ich verzichte auf Fleisch, auf Auto- und Flugreisen und kaufe die Kleider im Second-Hand-Shop. Ihre Freundin ergänzt: «Der Black Friday verleitet uns, Dinge zu kaufen, die wir gar nicht brauchen.» Ihr Kollege beobachtet: «Es wird auch immer extremer mit den Rabatten. Sie häufen sich.»
Proteste verhallen
Währenddessen verhallt unter den belebten Lauben Berns die Konsumkritik. Für die jugendlichen Kleider-Shopper bringen solche Streiks nichts. «Damit was ändert, muss in den oberen Etagen umgedacht werden,» sagt der eine von ihnen – und weiter: «Nun sind ja die Grünen gewählt worden. Die müssen für Änderungen sorgen.»
Doch es gibt auch Menschen, welche die Klimastreikenden gehört haben und nicht weiter an der Rabattschlacht teilnehmen wollen. Eine Frau mittleren Alters etwa sagt in einem Einrichtungshaus: «Alles spricht momentan von Klimathemen.» So sollte der Black Friday der Vergangenheit angehören, findet sie. Man wisse ja, dass der übermässige Konsum negative Auswirkungen habe. Und so wurde der Black Friday ein wenig grüner als auch schon.