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Greenpeace-Test Schweiz Schlechte Noten für Banken und ihre nachhaltigen Anlagen

Greenpeace Schweiz testete die «klimafreundlichen» Anlagen von Schweizer Banken. Die Beratungsqualität ist mangelhaft.

Ein heute veröffentlichter Greenpeace-Bericht zeigt: In Sachen Nachhaltigkeit hat der Schweizer Finanzplatz seine Hausaufgaben nicht gemacht. Der Bericht basiert auf einer Untersuchung, die diesen Frühling von der Umweltorganisation durchgeführt wurde. 33 Testerinnen und Tester gaben sich als interessierte Anleger aus und führten 43 Gespräche mit 19 verschiedenen Banken. Dabei standen zwei Fragen im Mittelpunkt:

  • Wie ist die Beratungsqualität zu nachhaltigen und klimaverträglichen Kapitalanlagen?
  • Fördern die als klimaverträglich beworbenen Anlageprodukte tatsächlich eine nachhaltige Wirtschaft?

Die getesteten Banken:

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Diese 19 Finanzinstitute wurden von Greenpeace getestet (alphabetisch geordnet):

Aargauische Kantonalbank
Alternative Bank Schweiz (ABS)
Bank Avera
Bank BSU
Bank Cler
Basellandschaftliche Kantonalbank
Basler Kantonalbank
Berner Kantonalbank
Credit Suisse
Graubündner Kantonalbank
Migros Bank
PostFinance
Raiffeisen
Thurgauer Kantonalbank
UBS
Urner Kantonalbank
Valiant Bank
VZ Vermögenszentrum
Zürcher Kantonalbank

Nachhaltige Anlagen oft kein Thema

Die Ergebnisse des Mystery-Shoppings zeigen viel Luft nach oben: «Die Qualität der Beratungsgespräche bezüglich nachhaltigen Anlegens ist bei den meisten Finanzinstituten mangelhaft», bilanziert Larissa Marti, Expertin für Finanzwirtschaft bei Greenpeace Schweiz. Laut Bericht wurde lediglich in der Hälfte der Gespräche gefragt, ob Nachhaltigkeit ein Anliegen sei. In den anderen Fällen mussten die Testerinnen und Tester aktiv Anlagevorschläge wünschen, die mit dem Pariser Klimaabkommen vereinbar sind.

Weiter schreibt Greenpeace, die Anlageberaterinnen und -berater wüssten zu wenig über nachhaltige Kapitalanlagen und über das Pariser Klimaabkommen Bescheid.

Zum Greenpeace-Bericht:

Nur wenig klimafreundlicher als herkömmliche Anlagen

Insgesamt empfahlen die Banken zehn Produkte als klimaverträglich. Das Analyse-Ergebnis dieser Angebote betrachtet Greenpeace als «erschreckend». Keines davon definiere die Einhaltung der Pariser Klimaziele für sich als Massstab.

Ausserdem herrsche grosse Intransparenz über die Anwendung der Portfolio-Strategien, um die Nachhaltigkeit zu garantieren. Laut Greenpeace müsse gewisse Produktewerbung gar als irreführend bezeichnet werden. So würden zwei Produkte der UBS und der CS eine Klimawirkung versprechen, die sie effektiv nicht haben könnten.

In ihrer Medienmitteilung fordert die Umweltorganisation klar: Es muss sich etwas ändern. Die Banken sollen klimaverträglichere Produkte entwickeln und ihre Beraterinnen und Berater schulen. Ausserdem sollen Bundesrat und Parlament Mindestanforderungen für nachhaltige Kapitalanlagen definieren.

Die Ziele von Paris sind unheimlich ehrgeizig.
Autor: Timo Busch Experte für nachhaltige Anlagen

Umstellung funktioniert nicht von heute auf morgen

«Die Ziele von Paris sind unheimlich ehrgeizig», erklärt Timo Busch. Er ist Wirtschafts-Professor und Experte für nachhaltige Anlagen an den Universitäten Hamburg und Zürich. Etwas erstaunt ist er über das vernichtende Resultat der Test-Beratungen bei Schweizer Banken, allerdings: «Hier wird die Klimaverträglichkeit mit den Zielen von Paris gleichgesetzt. Die Ziele von Paris sind aber unheimlich ehrgeizig und bedingen einen massiven Strukturwandel in der Wirtschaft.» Diese Umstellung werde man nicht per Knopfdruck von heute auf Morgen schaffen. Der Anlagespezialist stellt aber nicht in Abrede, dass gewisse Firmen sich durchaus auch durch geschicktes Marketing bloss ein grünes Mäntelchen geben wollen. «Man kann sich fragen, ob man ganz generell in nachhaltige Projekte investieren soll, Klima ist ja nur ein Bereich. Und da gibt es gute Produkte mit entsprechenden Zertifikaten und Labels.»

Espresso, 01.09.21, 08:13 Uhr

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