Er kennt jeden Bartgeier im Kanton Graubünden: David Jenny, Wildtierbiologe und für die Stiftung Pro Bartgeier verantwortlich für die Überwachung der Bartgeier in Graubünden.
Dieses Gebiet hier ist ein typisches Bartgeier-Territorium.
«Schweiz aktuell» nimmt er mit ins Gebiet des Ofenpasses, dort ist in diesem Winter ein Jungvogel geschlüpft und nun kurz davor, flügge zu werden. Ausgerechnet da also, wo vor mehr als zehn Jahren erstmals ein Jungvogel in der Schweiz erfolgreich ausgeflogen ist.
«Dieses Gebiet hier ist ein typisches Bartgeier-Territorium», sagt der Biologe. «Eine weitläufige alpine Zone mit vielen Gämsen und Steinböcken, der Nahrungsgrundlage der Bartgeier.»
Viel Glück für die Bartgeier-Beobachter
Mit dabei auf der Tour zum versteckten Bartgeier-Horst – der genaue Standort soll unbekannt bleiben, damit die Tiere auch in Zukunft ungestört brüten können – ist auch Lucas Pitsch. Der preisgekrönte Bündner Naturfotograf begleitet den Jungvogel und seine Eltern auf dem Weg zur Selbständigkeit für die Stiftung Pro Bartgeier.
Das ist Wildlife pur.
Den ganzen Sommer hindurch stieg er fast täglich hoch zum Beobachtungsposten: «Jedes Mal, wenn ich ins Gebiet der Bartgeierfamilie komme, beginnt das Kribbeln. Das ist Wildlife pur und man weiss nicht, was man tatsächlich antrifft», erklärt der Fotograf seine Faszination für den einst so gefürchteten Bartgeier.
An diesem Tag haben die beiden grosses Glück: Kaum beim Beobachtungsposten angekommen, fliegt zuerst der Muttervogel vom Horst los und macht sich auf zur Futtersuche. Wenig später wagt sich auch der Jungvogel, der auch schon eine Flügelspannweite von fast drei Metern aufweist, an den Rand des Horsts.
Zuversichtliche Experten
Losfliegen getraut er sich aber noch nicht. Schliesslich erscheint der Vater mit einem Stück eines toten Murmeltiers im Schnabel – wertvolle Nahrung für den jungen Aasverwerter.
Die Faszination für den grossen Geier steigt – und das stimmt die Experten zuversichtlich. Denn so stehen nicht mehr Jagd und Abschuss im Vordergrund, sondern der Schutz des noch immer bedrohten Tieres.
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Bild 1 von 12. Seltener Besuch im Bartgeierrevier beim Ofenpass: Der zweieinhalbjährige Jungvogel kehrt neugierig (und wohl auch hungrig) zum Horst seiner Eltern zurück. Bildquelle: .
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Bild 2 von 12. Der junge Bartgeier weiss: Vorsicht ist geboten. Als erstes landet er deshalb ausserhalb des Horstes und wartet den perfekten Moment ab, um hineinzuschleichen und nach Nahrung zu suchen. Bildquelle: .
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Bild 3 von 12. Nur kurze Zeit später zeigt sich: Die Suche war erfolgreich – mit einer gefundenen Beute in den Fängen stürzt sich der Dieb wieder aus dem Horst. Bloss keine Zeit verlieren! Bildquelle: .
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Bild 4 von 12. Genaues Hinschauen lohnt sich: Man erkennt in seinen Fängen ein Stück Knochen – die Beute aus dem Horst der Eltern. Der junge Bartgeier fliegt davon. Bildquelle: .
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Bild 5 von 12. Während der junge Dieb (rechts im Bild) die Thermik ausnützt und sich in die Höhe schraubt, taucht aus dem Nichts der Muttervogel Ortler auf. Bildquelle: .
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Bild 6 von 12. Wer jetzt meint, die Mutter (vorne links) würde ihren Nachkommen in den Senkel stellen und ihm die Beute entreissen, der irrt: Ortler gönnt dem Junior den Knochen und geniesst seine Anwesenheit sichtlich. Bildquelle: .
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Bild 7 von 12. Ortler (unten) fühlt sich pudelwohl und versucht den Nachwuchs gar zum Spielen zu animieren. Bildquelle: .
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Bild 8 von 12. Und der junge Bartgeier lässt sich nicht lange bitten: Ein wildes Spiel in der Luft beginnt. Bildquelle: .
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Bild 9 von 12. Die Spiele können beginnen. Absturzgefahr droht bei diesen versierten Vögeln wohl nicht. Bildquelle: .
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Bild 10 von 12. «Fangis» in den Lüften. Die beiden Bartgeier geniessen die grosse Weite der Bündner Berge. Bildquelle: .
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Bild 11 von 12. Das Familientreffen wird noch spektakulärer: Nun erscheint auch der diesjährige Jungvogel (Mitte). Mutter Ortler hat im Horst eine rund halben Meter lange Wirbelsäule geholt und versucht den jüngsten damit zum Fliegen zu animieren. Der zweieinhalbjährige Bartgeier (oben rechts) schaut gespannt zu: ob er auch von der Wirbelsäule kosten darf? Bildquelle: .
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Bild 12 von 12. Wo das alles passiert ist? In der Bilderbuchlandschaft gerade beim Ofenpass – dem idealen Revier für eine Bartgeierfamilie. Bildquelle: .