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Grossaktion in Winterthur Stadtmitarbeiter haben gefrässige Rehe vom Friedhof vertrieben

Weil Rehe auf dem Friedhof Rosenberg Grabschmuck fressen, hat sie die Stadt Winterthur zurück in den Wald getrieben.

Die frischen Rosen auf dem Grab: angeknabbert. Die Bepflanzung: verwüstet. Immer wieder schleichen sich Rehe auf den Friedhof Rosenberg und schlemmen nach Lust und Laune, was der Friedhof hergibt. «Für die Rehe ist es ein Festmahl», sagt Beat Kunz, Bereichsleiter von Stadtgrün Winterthur.

Für trauernde Angehörige hingegen ist der Anblick beim Grab ihrer Liebsten teilweise ein Schock. Regelmässig beschweren sich daher Hinterbliebene bei der Stadt.

Ein Reh hinter einem Grabstein
Legende: Rehe, die wie hier in Basel über einen Friedhof schlendern und Pflanzen anknabbern, sind nicht immer willkommene Gäste. Keystone/Georgios Kefalas

Weil Versuche der Angestellten, die Rehe mit biologischen Mitteln von den Blumen und Pflanzen fernzuhalten scheiterten, führte die Stadt am Dienstag eine spezielle Aktion durch. 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter halfen mit, die Rehe vom Friedhof in den angrenzenden Lindbergwald zu vertreiben.

Es lief eigentlich ähnlich wie bei einer Jagd ab.
Autor: Beat Kunz Bereichsleiter, Stadgrün Winterthur

Die Angestellten hätten sich am frühen Morgen besammelt, Gruppen zu jeweils zehn Personen gebildet und den Friedhof von Osten nach Westen abgeschritten. Kunz sagt: «Es lief eigentlich ähnlich wie bei einer Jagd ab.»

Die Männer und Frauen hätten die Tiere jedoch nicht mit viel Lärm vor sich hergetrieben. Das Ganze sei sehr ruhig abgelaufen, bewusst. «Es war explizit nicht das Ziel, die Rehe zu erschrecken.» Bei einer wilden Flucht hätten sich die Rehe verletzen können.

Rehe verstecken sich gut

Fast das gesamte Team des Bereichs Stadtgrün Winterthur packte an – vom Mitarbeiter des Krematoriums bis zur Forstwartin. Die grosse Gruppe sei nötig gewesen, um alle Winkel und Ecken abzulaufen. Denn Rehe versteckten sich gut. «Die Herausforderung ist, dass die Leute nicht an den Rehen vorbeilaufen und diese im Anschluss einfach wieder zurückgehen», sagt Kunz.

Zwei Frauen bepflanzen ein Grab neu
Legende: Frische Blumen auf dem Grab: für Rehe ein regelrechtes «Festmahl». Keystone/Gaetan Bally

Nach der Aktion zeigt sich der Bereichsleiter zufrieden. Seine Leute haben zwei Rehe und einen Rehbock gesichtet. Die zwölf Rehe, die erfahrungsgemäss auf dem Friedhof Rosenberg lebten, hätten sich alle verzogen. Der Zaun rund um das Friedhofsgelände ist geflickt.

Es ist unmöglich, einen Zaun dauerhaft dichtzuhalten.
Autor: Beat Kunz Bereichsleiter, Stadtgrün Winterthur

Trotzdem kann Beat Kunz nicht garantieren, dass Angehörige auf dem Friedhof nicht schon bald wieder einem Reh begegnen. «Es ist faktisch unmöglich, einen Zaun dauerhaft dichtzuhalten.» Dazu komme, dass Besucherinnen und Besucher die Tore teilweise offen liessen. Eine kleine Lücke reicht den Rehen.

Manchen Trauernden sind die Rehe ein Trost

Er rechne damit, sagt Kunz, dass wieder Rehe auf den Friedhof zurückwanderten. Es sei auch nicht das Ziel, die Rehe in Zukunft ganz vom Friedhof fernzuhalten. Viele Leute freuten sich an den Rehen. Sie könnten tröstlich sein, sagt Kunz. «Es geht darum, ein gutes Gleichgewicht zu finden, damit wir die Pflanzen schützen können und man vielleicht trotzdem hin und wieder ein Reh im Friedhof beobachten kann.»

Ein Reh auf dem Friedhof «Hörnli» im baslerischen Riehen.
Legende: Auf dem Basler Friedhof Hörnli lebten zeitweise etwa 60 Rehe. Keystone/Georgios Kefalas

Dass Rehe auf Friedhöfen für Unmut sorgen können, zeigt auch das Beispiel des Friedhofs Hörnli im baslerischen Riehen. Auf dem grössten Friedhof der Schweiz lebten zeitweise etwa 60 Rehe. Weil diese grosse Schäden verursachten, wollte der Kanton sie abschiessen. Nach Protesten verzichtete er jedoch darauf und siedelte die Tiere stattdessen in den Jura um.

Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 18.2.2025, 12:03 Uhr ; 

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