Lange hat der Bundesrat den Entscheid hinausgezögert. Doch nun ist klar: Grossveranstaltungen ab 1000 Personen bleiben wegen der Corona-Pandemie bis mindestens Ende August verboten.
Was heisst das für bereits gekaufte Tickets? Aus juristischer Sicht ist der Fall klar: «Wenn eine Veranstaltung nicht stattfindet, kann man den gesamten Preis zurückverlangen», sagt Vito Roberto, Professor für Privatrecht an der Universität St. Gallen.
«Wegen fünf Franken beschreitet niemand den Rechtsweg»
So klar die Rechtslage, so unklar deren Umsetzung. Denn viele Veranstalter behalten bei Annullationen einen Teil des Ticketpreises zurück – etwa einen Fünfliber pro Billett oder zehn Prozent des Verkaufspreises. Sie wälzen damit einen Teil des entstandenen Schadens auf die Konsumentinnen und Konsumenten ab. «Und es beschreitet ja kaum jemand wegen fünf Franken den Rechtsweg», sagt Roberto. Es werde also faktisch darauf hinauslaufen, dass viele nicht den vollen Betrag erstattet bekommen.
Dessen ist sich auch Sara Stalder bewusst, die Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS). Es sei auch nicht ganz falsch, wenn die Branche sage, sie habe hohe Vorkosten gehabt und nun würden alle Umsätze wegbrechen: «Daher kann man diese zehn Prozent oder eben fünf Franken pro Konzertticket akzeptieren», sagt sie zu SRF. Allerdings sollten sich aus Sicht der SKS auch die Verkäufer an den Kosten der Veranstalter beteiligen – namentlich die grossen Ticketcorner und Starticket.
Verschiebungen muss man nicht akzeptieren – eigentlich
Was für abgesagte Veranstaltungen gilt, gilt in der Theorie auch für Verschiebungen. Selbst wenn ein Veranstalter in seinen Geschäftsbedingungen (AGB) festhält, dass die Tickets bei einer Verschiebung ihre Gültigkeit behalten, muss man das nicht akzeptieren. «Im Kleingedruckten steht noch vieles und längst nicht alles ist auch rechtsgültig», so Rechtsprofessor Vito Roberto.
Dennoch dürften sich viele Betroffene mit einer Verschiebung des Konzerts oder der Theatervorführung zufriedengeben. «Viele warten ja sehnlichst auf einen Künstler oder eine Künstlerin», sagt Konsumentenschützerin Sara Stalder. «Aber wenn man am Verschiebungsdatum nicht am Anlass teilnehmen kann, dann hat man eine Rückerstattung zugute – auch ohne triftigen Grund.»
Schwierige Situation der Veranstalter
Bei all dem gilt es, einen Punkt zu bedenken: Die Veranstalter befinden sich in einer finanziell äusserst angespannten Situation. Wenn sie nun Tickets rückerstatten und damit wissentlich das Überleben ihres Unternehmens gefährden, kann das in einem allfälligen Konkursverfahren auf die Geschäftsleitung zurückfallen.
Denn «eine Geschäftsleitung muss in erster Linie das Überleben des Unternehmens sichern», sagt Vito Roberto. «Und da ein Unternehmen nur überleben kann, wenn es genügend flüssige Mittel hat, sind alle Rückzahlungen, die nicht zwingend notwendig sind, aufzuschieben».