Die Idee tönt verlockend: Ich erhalte 2500 Franken pro Monat, ohne arbeiten zu müssen. Einen «demokratisch bestimmten Sockelbetrag zum Arbeiten und Leben», argumentieren die Initianten. Meine Existenz wäre bedingungslos gesichert, ich könnte mich kreativ betätigen oder arbeiten, wenn ich möchte.
Die Initiative in Kürze
«Mit einem bedingungslosen Grundeinkommen würden Sie keine grossen Sprünge machen», relativiert Dorothee Guggisberg meine hypothetische Zukunft. Sie ist Geschäftsführerin der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS). In der Schweiz sei eine Person im Durchschnitt auf 2500 Franken angewiesen, um am Existenzminimum leben zu können und nicht in die Armut abzurutschen. «Mal einen Kaffee trinken gehen würde schon drin liegen», sagt Guggisberg. «In die Ferien fahren oder im Restaurant essen gehen hingegen nicht.»
Mit 2500 Franken pro Monat würden Sie keine grossen Sprünge machen.
Ähnlich tönt es bei der Berner Schuldenberatung: «Nach Betreibungsrecht ist das Existenzminimum einer Person, die 2500 Franken pro Monat zur Verfügung hat, kaum gedeckt», sagt Co-Leiterin Noémie Zurn. Die Fixkosten fürs Wohnen aber auch für die Gesundheit seien in der Schweiz sehr hoch. Ans «Plöischlen» sei nicht zu denken.
Diese Aussichten relativieren nicht nur meine Zukunftsvisionen. Sie dämpfen auch die Argumente der Gegner, die fürchten, dass mit 2500 Franken pro Monat niemand mehr arbeiten würde.
Noch schwieriger sähe die Situation für eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern aus. Nötig wären hier laut SKOS im Durchschnitt 4000 Franken pro Monat, um nicht in Armut leben zu müssen. Mit einem bedingungslosen Grundeinkommen käme die Frau aber auf nur 3750 Franken.
Besser hingegen liesse es sich als Familie mit zwei kleinen Kindern leben (6250 Franken pro Monat). Oder in einem Zweipersonenhaushalt: Dieser käme auf 5000 Franken, die SKOS geht hier aber von einer durchschnittlichen Armutsgrenze von 3700 Franken aus, womit das bedingungslose Grundeinkommen deutlich höher wäre.
Es gibt Lebensformen, mit denen man extrem sparen kann.
«Es gibt Lebensformen, mit denen man extrem sparen kann», sagt Zurn von der Schuldenberatung. Sie denkt dabei vor allem an junge Menschen. «Sie sind mit Blick auf die Wohnformen flexibel und haben noch nicht so hohe Gesundheitskosten und könnten wohl am besten mit 2500 Franken leben.»
Fazit meiner Suche: Die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens nimmt keine Rücksicht auf individuelle Bedürfnisse und die Zusammensetzung des Haushalts. Jeder kriegt gleich viel. Je nach Lebenssituation und -form liesse es sich mit 2500 Franken pro Monat gar nicht so schlecht oder aber mehr schlecht als recht leben. «Was braucht ein Mensch zum Leben?», lautet die Frage hinter der Initiative. Darauf gibt es keine einfache Antwort. Sie ist abhängig von den Wertvorstellungen unserer Gesellschaft und muss ausgehandelt werden.