Ein Wochenende im Engadin, das wollte sich ein «Espresso»-Hörer zusammen mit seiner Frau gönnen. Sie suchten im Internet nach Hotelgutscheinen und landeten auf der Versteigerungsplattform Ricardo. «Da gab es einen Gutschein für zwei Personen für zwei Nächte in einem Dreisterne-Hotel im Engadin.» Die beiden bieten mit und erhalten den Zuschlag.
Versteckter Hinweis am Ende des Inserats
Doch plötzlich hat der «Espresso»-Hörer das ungute Gefühl, dass an diesem Gutschein etwas faul sei. «Ich habe den Verkäufer angerufen und dieser fragte mich arrogant, ob ich denn das Inserat nicht zu Ende gelesen hätte.» Erst da merkte der Hörer, dass es ganz weit unten, nach viel, viel Abstand noch eine Textzeile gab: «Beachten Sie bitte, dass nur ein beschränktes Zimmer-Kontingent verfügbar ist, und daher trotz vorhandener freier Zimmer bei Buchungsplattformen das Kontingent für bestimmte Termine erschöpft sein kann.»
Der Hörer kontaktierte daraufhin das Hotel: «Die Chefin sagte mir klar und deutlich, dass ich diesen Gutschein nur von Montag bis Donnerstag in der Nebensaison einlösen könne. Wochenenden, Schulferien oder Feiertage seien ausgeschlossen.» Als er den Verkäufer auf diesen Umstand ansprach, reagierte dieser nervös. Immerhin: Der Hörer musste den Gutschein nicht bezahlen.
Verkäufer reagiert nicht auf Anfragen
Die Anfragen von «Espresso» liess der Gutschein-Verkäufer unbeantwortet. Anders die Medienstelle von Ricardo. Das Unternehmen schreibt, der Verkäufer sei gebeten worden, sein Layout zu ändern. Bis jetzt allerdings hat der Verkäufer nur eine Handvoll seiner über 50 Gutschein-Inserate angepasst.
Service
Das Konsumentenmagazin «Espresso» hätte vom Ricardo-Verkäufer gerne gewusst, woher er die vielen Hotelgutscheine hat, die er versteigert. Offenbar handelt es sich um Gegengeschäfte. Das läuft so ab: Eine Firma bietet dem Hotelier zum Beispiel zehn E-Bikes für seine Gäste an. Diese muss er nicht mit Geld, sondern mit 100 Übernachtungsgutscheinen bezahlen. Diese Gutscheine können dann nur zu bestimmten Zeiten eingelöst werden, wenn das Hotel über viele leere Betten verfügt. Verhökert werden diese Gutscheine dann über Versteigerungsplattformen wie Ricardo zu einem Schnäppchenpreis.
Finger weg von solchen Gegengeschäften
Bei Hotelleriesuisse kennt man diese Gutscheine, sagt Geschäftsleitungsmitglied Thomas Allemann: «Wir haben bei der Ombudsstelle ab und zu Beschwerden, weil diese Gutscheine nur sehr eingeschränkt gebraucht werden können. Die Verkäufer machen zu wenig darauf aufmerksam.» Er empfiehlt sowohl Gästen wie auch Hoteliers von solchen Gegengeschäfts-Gutscheinen die Finger zu lassen.