«Klar, sich die ganze Nacht Drinks spendieren lassen und dann erstaunt sein, wenn er sie abschleppen will. Wobei ich eher weniger glaube, dass viele Männer sie auf Drinks einladen. Das wünscht sie sich vielleicht.» Eine von vielen Reaktionen auf das Online-Video einer jungen Frau, die erklärt, dass ein Gratis-Drink für sie keine Einwilligung zum Sex ist.
Solche Beleidigungen oder Anfeindungen, auch «Hate Speech» genannt, sind besonders online verbreitet, wo es schwerfällt, die Grenze zwischen Meinungsfreiheit und persönlichen Angriffen zu ziehen, und es sich leicht unter Pseudonymen verstecken lässt.
Das neue Projekt «Stop Hate Speech» von Alliance F, unterstützt von Engagement Migros, sagt Beschimpfungen und Anfeindungen jetzt den Kampf an.
Denn seit den Lockdown-Lockerungen des Bundes sind Beleidigungen und Beschuldigungen im Netz wieder häufiger geworden. Das zeigt eine neue Analyse von sotomo, welche die Kommentare auf News-Online-Plattformen und Twitter unter die Lupe nahm. Von einer Million analysierten Kommentaren waren 12.5 Prozent beleidigend oder beschuldigend.
Swipen mal anders
Im Rahmen von «Stop Hate Speech» lanciert Alliance F eine App, welche nach einem bekannten Muster funktioniert: Swipe nach links oder rechts. Doch die App will nicht Verabredungen vermitteln, sondern den «Bot Dog», einen Algorithmus, trainieren. Wenn Hasskommentare von mehreren Testerinnen und Testern erkannt werden, lernt der Bot Dog «Hate Speech» richtig zu erschnüffeln.
Die App soll den Bot Dog noch bis Oktober trainieren. Dann soll er selbstständig Kommentare einordnen. Dabei geht es der Frauenorganisation nicht nur darum, den Sexismus zu bekämpfen, sondern um jegliche Form von Abwertungen, meint Sophie Achermann, Geschäftsführerin von Alliance F.
Doch was passiert, wenn ein diskriminierender Kommentar erkannt wurde? Dann kommt eine Online-Gemeinschaft zum Einsatz. Die Freiwilligen sollen mit gezielter Gegenrede in die Diskussion eingreifen. Laut Sophie Achermann geht es dabei weniger darum, den Einzelnen zur Einsicht zu bringen, sondern um die Wirkung auf die Leserinnen und Leser:
Mit anständiger Gegenrede sollen die Hasskommentare weniger Gewicht bekommen und es soll klar werden, dass die meisten Nutzerinnen und Nutzer anders denken.