Sie wollen ein Sprachrohr sein für alle, die im Konflikt zwischen den Kulturen keine Stimme mehr haben. Wie zeigen Sie das auf der Bühne?
Wir zeigten die Geschichte einer jungen Albanerin, die in der Schweiz Asyl beantragt. Der Antrag wird abgelehnt, aber der Beamte verliebt sich in sie. Es wird unwichtig, woher die Frau kommt und was sie in der Schweiz macht. Es zählt nur noch die Begegnung. Das ist ein schöner Konflikt.
Gibt es auch unschöne Konflikte?
Denen begegne auch ich immer wieder, auch ich selber. Ich weiss manchmal nicht einmal, warum ich mich wieder in einem Konflikt befinde und was ich falsch gemacht habe. Vielleicht alleine schon die Tatsache, dass ich ein anderes Temperament habe, könnte verantwortlich sein. Das ist für mich ein unschöner Konflikt, weil er nicht greifbar ist.
Ich war von den Menschen in Pristina überwältigt, wirklich. Währenddessen nehme ich bei vielen Albanern hier in der Schweiz einen Stillstand wahr.
Mit welchen Klischees sind Sie konfrontiert?
Eine Frau hat mir einmal gesagt, dass es erstaunlich sei, dass ich als Albanerin erst Anfang 30 ein Kind bekommen habe. Es gibt also das Klischee, dass eine Albanerin mit 20 Kinder bekommt. Wahr ist, vor 15 Jahren stand bei jungen Albanerinnen das Thema Heiraten im Vordergrund. Besuche im Kosovo wurden in erster Linie wichtig, um den Traumprinzen zu finden. Sowas kommt zwar heute noch vor, aber viel weniger. Auch in Pristina ist man da weiter.
Wie erleben sie die Jungen in Pristina?
Sie sind weltoffen, sie halten sich nicht fest, sondern bewegen sich. Pristina ist eine tolle Stadt mit wunderbaren Menschen, vielen jungen Menschen. Es hat selbstbewusste, emanzipierte Frauen und tolle Theaterleute, die für wenig Geld sehr viel arbeiten. Sie wollen diese Stadt und dieses Land vorantreiben. Ich war überwältigt, wirklich. Währenddessen nehme ich bei vielen Albanern hier in der Schweiz einen Stillstand wahr.
Kosovo ist wieder Heimat geworden. Ich bin sehr gerne dort, vor allem in Pristina. Es ist Liebe.
Auch bei den jungen Albanern in der Schweiz?
Die sind so dazwischen. Sie haben sich noch nicht ganz befreit von den Traditionen. Aber sie heiraten alle nicht mit 20 oder erhalten dann ihr erstes Auto vom Papa. Die Jungen in der Schweiz fühlen sich zwar albanisch, haben aber eine Mischidentität. Sie sind auf der Suche, in einem Zwischenraum.
Was haben sie heute für ein Verhältnis zu Kosovo?
Das Land ist wieder Heimat geworden. Ich bin sehr gerne dort, vor allem in Pristina. Es ist Liebe.
Das Gespräch führte Aleksandra Hiltmann.