Hikmat und Akash sind zwei Neuntklässler, die noch keine Lehrstelle gefunden haben. Berufswünsche haben sie und wollen entweder die kaufmännische Lehre absolvieren, Fachmann Gesundheit, Informatiker oder Detailhandels-Angestellte werden. Dies sind auch die seit Jahren beliebtesten Berufslehren.
Stellen hat es genug, verrät ein Blick auf die Lehrstellen-Plattform. Doch beim kantonalen Berufsbildungsamt Bern schränkt Leiter Theo Ninck ein: «Aktuell sind fast 20 Prozent mehr offene Lehrstellen als sonst auf dem Lehrstellennetz publiziert. Allerdings darf man sich nicht täuschen lassen, es können auch Lehrstellen darunter sein, die gar nicht mehr angeboten werden.» Dies, weil diverse Unternehmen als Folge des Corona-Stillstands vor einer wirtschaftlich ungewissen Zukunft stehen.
Keine Möglichkeiten zum Schnuppern
Eine weitere Schwierigkeit für Jugendliche wie Hikmat und Akash ist, dass es mit den Schnupperlehren schwierig ist. «Meistens dauert es in diesem Jahr sehr lange, bis man schnuppern gehen kann und dann sind die Lehrstellen schon vergeben», sagt Akash. Dies insbesondere bei den kaufmännischen Berufen. Acht von zehn Lehrstellen dürften bereits vergeben sein, denn die KV-Lehrverträge werden meist schon im Vorjahr unterzeichnet.
Daniel Hunziker bestätigt das. Er ist bei Maagtechnic für die Berufsbildung verantwortlich und sagt, er merke, dass die Jugendlichen unter Druck seien. Schnupperlehren hätten bisher keine stattgefunden: «Aber wir überlegen uns, ob wir den Ausbildungsstart etwas nach hinten verschieben sollten.» Denn er rechne nach dem verordneten Stillstand mit vielen Anfragen.
Online-Präsenz der Firmen ist gefragt
Künftig will Hunziker vorbereitet sein: «Wir denken an Erstgespräche, die online durchgeführt werden oder an Online-Informationsfenster.» Das Unternehmen mit Sitz im Kanton Zürich beschäftigt rund 200 Mitarbeitende und bildet 20 angehende Berufsleute aus, sechs im KV.
Bewerbungen per Video-Chat oder virtuelle Schnupperlehren haben grosse Unternehmen bereits in den letzten Wochen angeboten. Bei den Lehrstellen, für welche sich die beiden Neuntklässler interessieren, war das aber nicht der Fall.
Bund hat Taskforce eingesetzt
In normalen Jahren haben zu dieser Zeit sechs von 10 Schulabgängerinnen und -abgängern eine Lehrstelle in Aussicht. Wie viele Lehrstellen noch offen sind und ob es Hilfestellungen braucht, darüber will sich der Bund mit einer Taskforce einen Überblick verschaffen.
In dieser Arbeitsgruppe ist auch Theo Ninck, der Leiter des kantonalen Berufsbildungsamtes in Bern. Er hat den Jugendlichen eine gute Nachricht. Die Frist, um Lehrverträge abzuschliessen, wird verlängert: «Es ist erst Anfang Mai. Es werden bis August oder September Lehrverträge abgeschlossen. Ich rate den Jugendlichen, dass sie dranbleiben sollen.»
Das wollen Akash und Hikmat, obwohl sich beide als Plan B für das 10. Schuljahr angemeldet haben. Akash sagt, derzeit sei er pessimistisch: «Wenn ich keine Lehrstelle bekomme, mache ich das zehnte Schuljahr. 2021 kann ich mich wieder bewerben.» Während Akash auf das nächste Jahr hofft, hat sich Hikmat diese Fristverlängerung gewünscht.