Seit 1938 ist Rätoromanisch eine in der Bundesverfassung verankerte Landessprache. Im Verkehr mit Personen ist sie Teilamtssprache. Und in zwei Jahren soll Rätoromanisch auch schweizweit als Schulfach angeboten werden. Das fordert «Lia Rumantscha», die Dachorganisation aller Personen und Organisationen romanischer Sprache.
«Wir wollen Romanisch im Fernunterricht allen Schülerinnen und Schülern in der Schweiz anbieten, und das von der Oberstufe bis zur Mittelschule», sagt Diego Deplazes, Generalsekretär von «Lia Rumantscha». Derzeit läuft im Kanton Graubünden ein Pilotprojekt.
Dank dieser Art des Fernunterrichts könnten wir verschiedene Schüler aus anderen Kantonen in einer Klasse zusammen führen.
Deutschsprachige Schülerinnen und Schüler erhalten dort drei Lektionen Rätoromanisch pro Woche – und zwar online. «Dank dieser Art des Fernunterrichts könnten wir verschiedene Schüler aus anderen Kantonen in einer Klasse zusammen führen», sagt Deplazes. «Der Online-Unterricht wäre deshalb auch eine relativ kostengünstige Lösung.»
Politik zeigt sich offen dafür
Nachgefragt bei Bildungspolitikern aus allen Parteien, kommt der Vorschlag des Dachverbandes «Lia Rumantscha» durchs Band gut an. «Der politische Wille ist durchaus vorhanden, Geld dafür zu sprechen», sagt etwa Nationalrätin Sandra Locher Benguerel (SP/GR), die mit einem Antrag bereits erreicht hat, dass mehr Mittel für die Sprachförderung ausserhalb des romanischen Kerngebietes zur Verfügung steht.
Auch Franziska Ryser (Grüne/SG) findet die Idee gut: «Wir haben ja gesetzlich geregelt, dass die Landessprachen als Freifach angeboten werden können. Wenn es hier eine Möglichkeit gibt, mit vertretbarem Aufwand auch Rätoromanisch anzubieten, wäre das sicher gut.»
Und Stefanie Heimgartner (SVP/AG) erklärt ihre Sympathien für das Wahlfach Rumantsch so: «Rätoromanisch ist nicht bloss die vierte Landessprache, es ist eine der vier Landessprachen und gehört zur Tradition der Schweiz. Ich fände es super, wenn jede und jeder die Möglichkeit hätte, die Sprache in der Schule zu lernen.»
Muttersprache schreiben lernen
Die Initianten denken, dass das neue Schulfach viele Schülerinnen und Schüler ausserhalb der romanischsprachigen Gebiete ansprechen könnte, die zwar zuhause Rätoromanisch sprechen, aber kaum in ihrer Muttersprache schreiben können. Ein Drittel der rund 60’000 Rätoromanen in der Schweiz wohnt ausserhalb Graubündens.
Wir merken, dass Rätoromanisch derzeit hip ist. Viele haben Lust, eine Sprache zu lernen, die nicht jeder kann.
Zudem rechnet «Lia Rumantscha» damit, dass das Angebot viele deutsch- und französischsprachige Schülerinnen und Schüler neugierig machen könnte. «Wir merken, dass Rätoromanisch derzeit hip ist. Viele haben Lust, eine Sprache zu lernen, die nicht jeder kann», so Deplazes.
Start in zwei Jahren als Ziel
Eine Herausforderung werde sein, entsprechende Klassen eingeteilt nach Niveau und Dialekt zu bilden – schliesslich gibt es fünf verschiedene Varianten, sogenannte Idiome des Rätoromanischen, plus die gemeinsame Schriftsprache Rumantsch Grischun.
Die Initianten setzen sich zum Ziel, dass ab 2023 erstmals Rumantsch als Wahlfach für Schülerinnen und Schüler an einigen Oberstufen und Gymnasien in der Deutschschweiz angeboten werden kann.