«Ich gehe durchs Haus und fühle mich wie ein Millionär.» So beschrieb der russische Komponist Sergej Rachmaninoff seine Villa im luzernischen Hertenstein am Vierwaldstättersee. Zu Millionären will die Luzerner Regierung nun auch die Nachfahren des Musikers machen und ihnen die Villa für mehrere Millionen Franken abkaufen. Etwas verwirrend ist das Ganze, weil der Kanton selbst eigentlich auch im Testament vermerkt ist und trotzdem Geld dafür bezahlen will.
Grosses Anwesen mit Bauhaus-Villa
«So können wir die Villa ohne grosse Diskussionen übernehmen und dieses hohe kulturelle und architektonische Erbe der Öffentlichkeit zugänglich machen», begründet Regierungsrat Marcel Schwerzmann den Schritt.
Es ist ein stattliches Anwesen: Eingebettet in einen 20'000 Quadratmeter grossen Park, liegt das Haus direkt am Seeufer. Noch heute wirkt es mit seinen geraden Linien und schlichten Formen äusserst modern. Man sieht ihm die gut 90 Jahre, die es auf dem Buckel hat, nicht an. Die Villa wurde im damals progressiven Bauhaus-Stil errichtet. Seit knapp drei Jahren steht sie unter Denkmalschutz.
Unklar formuliertes Testament
Aktuell kümmert sich eine Stiftung um das Anwesen. Eigentlich hatte diese den Auftrag, die Nachkommen Rachmaninoffs auszuzahlen und sich danach ums kulturelle Erbe der Villa zu kümmern. Weil jedoch die flüssigen Mittel fehlen, kommt nun der Kanton Luzern als weiterer Erbe ins Spiel. So sieht es das Testament vor.
Allerdings sei dieses Testament ungenau formuliert, heisst es vonseiten der Luzerner Regierung. Statt sich auf einen Erbschaftsstreit mit den Nachkommen einzulassen, will der Regierungsrat die Villa den gesetzlichen Erben einfach abkaufen. Der Kanton hat sich mit den gesetzlichen Erben auf einen Kaufbetrag von 8 Millionen Franken geeinigt, zusätzlich müsste er gut 7 Millionen Franken in Steuern, die Instandsetzung und den Betrieb des Anwesens investieren.
Dies ergibt einen Kredit von insgesamt mehr als 15 Millionen Franken, der nun vom Kantonsrat abgesegnet werden muss. «Es braucht eine schnelle Lösung», so Regierungsrat Schwerzmann, «die Villa ist dringend sanierungsbedürftig.» Nach der Sanierung soll die Villa zu einem Kulturzentrum werden und Platz für kleinere Ausstellungen und Konzerte bieten. Das Parlament wird wahrscheinlich bereits am 6. Dezember entscheiden. Falls es Nein sagt zum Kredit, müsse man weiterschauen, so Schwerzmann.
Weltweit bekannter Musiker
Der russische Komponist, Dirigent und Pianist Sergej Rachmaninoff war bereits zu Lebzeiten ein gefeierter Klaviervirtuose. Das Haus am Vierwaldstättersee liess er Anfang der 1930er-Jahre von zwei Luzerner Architekten bauen. Er taufte es auf den Namen Villa Senar – ein Kunstwort, zusammengesetzt aus den ersten Silben seines Vornamens und jenem seiner Frau Natalja.
1934 zog die Familie Rachmaninoff ins Haus, wanderte fünf Jahre später – kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs – jedoch in die USA aus. 1943 starb der Komponist. Noch bis ins Jahr 2012 lebte einer seiner Enkel in der Villa. Nach dessen Tod ging sie an die Stiftung über. Zwischenzeitlich war sogar der russische Staat am Erwerb des Anwesens interessiert. Mittlerweile hat sich dieser jedoch als Interessent zurückgezogen.