Hans R. wollte beim deutschen Kleider-Versandhändler Walbusch ein Poloshirt kaufen. Doch Walbusch.de blockiert die Lieferung in die Schweiz. Er müsste auf der Schweizer Seite von Walbusch einkaufen, jedoch zu einem höheren Preis. Hans R. ärgert sich: «Da habe ich den Eindruck, wir Schweizer werden abgezockt».
129 Franken kostet das Poloshirt auf der Schweizer Seite, 55 Franken mehr als auf der deutschen Seite. Walbusch zwingt Hans R., den viel höheren Schweizer Preis zu akzeptieren oder die Ware in Deutschland abzuholen. «Das ist doch seit neustem gesetzlich verboten!», meint Hans R. dazu.
Geoblocking-Verbot schützt vor Diskriminierung
Das ist leider nicht ganz korrekt: Das neue Geoblocking-Gesetz schützt Schweizer Konsumenten seit Anfang Jahr vor Diskriminierung. Das heisst: Verboten ist die Diskriminierung Preis und Zahlungsbedingungen. Ebenso darf der Zugang zu einem ausländischen Onlineportal nicht blockiert werden und Weiterleitungen ohne Einverständnis auf andere Onlineportale gemacht werden.
Für Konsumentenschützerin Sara Stalder ist deshalb klar: Walbusch verstösst nicht gegen den neuen Gesetzesartikel, solange Schweizer Konsumentinnen grundsätzlich auf deutschen Seiten bestellen und sich die Ware nach Deutschland liefern lassen können. Ein Ärger bleibe dennoch: «Die Preise auf der Schweizer Seite von Walbusch sind im Vergleich zur deutschen Seite absurd hoch.»
Anbieter können also weiter finanziell ausreizen, dass es für Schweizer mühsam und kostspielig ist, Waren vom Ausland in die Schweiz schicken zu lassen. Ist das neue Gesetz nun für die Katz? Nein, sagt Sara Stalder, denn die Bestimmungen würden für Dienstleistungen wie Automieten oder Flugreisen schon greifen. Bei Waren brauche es noch etwas Zeit.
On schröpft Schweizer Kundinnen und Kunden
Ähnlich wie Walbusch verhält sich der Schweizer Sportschuhe-Hersteller On. Schweizer Kundinnen und Kunden, landen zuerst auf der Schweizer Seite mit höheren Preisen. Beim Wechsel von der deutschen Seite zur Schweizer Seite kassiert On je nach Schuhmodell bis 71 Franken mehr.
On schreibt «Kassensturz»: «Der Preisunterschied entsteht durch höhere Löhne, Mieten und Logistikkosten in der Schweiz, insbesondere der Verkauf unserer Produkte durch spezialisierte Schweizer Sportfachgeschäfte, der On-Kundendienst in Zürich und der 24-h-Lieferservice unseres Schweizer Logistikzentrums.» Sara Stalder kontert, das habe mit Löhnen oder Logistikkosten nichts zu tun, denn «auch On produziert irgendwo in Vietnam oder China – in Billigstlohn-Ländern!»
Seco verweist auf Zivilklagen
Andere Onlinehändler verstossen aber tatsächlich gegen das Geoblocking-Verbot, indem sie von ihrer deutschen Seite automatisch auf die Schweizer Seite umleiten oder für einen Download von Schweizern bedeutend mehr verlangen als von Deutschen. Doch wie können sich Konsumentinnen gegen solche offensichtlichen Verstösse wehren? Zuständig ist das Seco. Dieses schreibt «Kassensturz», zuerst müssten Gerichtsentscheide Klarheit schaffen. Betroffene Kunden könnten gegen fehlbare Unternehmen klagen.
Sara Stalder findet den Verweis auf die Zivilklage stossend. Im Ernst: Konsumenten sollen sich selber gegen Grossunternehmen zur Wehr setzen? Denn: «Auch wenn es um mehrere tausend Franken ginge – klagen gegen einen Grosskonzern als Einzelperson ist ein Ding der Unmöglichkeit, da riskiert man den finanziellen Ruin!»
Hans R. hat aus dem ganzen Ärger sein Fazit gezogen: Er kauft nicht mehr bei Walbusch ein.