Wie viel dürfen Vermieter an ihren Wohnungen verdienen? Darüber diskutiert der Ständerat. Grund dafür ist ein Entscheid des Bundesgerichts. Es hat die zulässige Rendite erhöht und argumentierte dabei mit einem Vorstoss von FDP-Nationalrat Olivier Feller – obwohl das Parlament diesen noch gar nicht angenommen hatte. Ein Fall von «FDP-Filz», wie die «Sonntagszeitung» jüngst titelte? Feller, der auch die Westschweizer Immobilienkammer präsidiert, verteidigt die höheren Renditen im Interview.
SRF News: Leben Sie in einer Mietwohnung?
Olivier Feller: Ja, ich lebe in einer Mietwohnung.
Obwohl Sie die Immobilienbesitzer vertreten, gehören Sie also zu den 60 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer, die in Mietwohnungen leben. Und die mit einer Wohnungsnot und steigenden Mieten zu kämpfen haben. Lässt das Parlament diese Menschen im Stich?
Wohnungsknappheit ist ein echtes Problem, aber es betrifft nicht nur die Mieten: Es betrifft auch die Hauseigentümer. Die Hauseigentümer müssen auch mit mehr Kosten rechnen und das Problem ist, dass es in der Schweiz zu wenig Angebote gibt. Wir haben ein Bevölkerungswachstum, und es wird zu wenig gebaut, um die Nachfrage befriedigen zu können.
Unsere Rechtsprechung und unsere Gesetze sind sehr gut gestaltet, auch bei den Interessen von Mietern.
Und das wollen Sie jetzt lösen, indem sie einfach auch in Zukunft den Vermietern höhere Renditen zusichern wollen?
Mieter und Mieterinnen dürfen den Anfangsmietzins anfechten. Wenn sie einen neuen Vertrag abschliessen und in die Wohnung einziehen, dürfen sie innerhalb von 30 Tagen sagen: «Nein, der Mietzins ist zu hoch, der ist missbräuchlich. Ich bestreite diesen.» Ich glaube, unsere Rechtsprechung und unsere Gesetze sind sehr gut gestaltet, auch bei den Interessen von Mietern.
Vor zwei Jahren hat das Bundesgericht entschieden, dass man eine höhere Rendite auf Mietwohnungen erzielen darf. Das rein bürgerliche Richtergremium argumentierte mit Ihrem Vorstoss, obwohl das Parlament darüber noch gar nicht entschieden hatte. Was sagen Sie zum Vorwurf des FDP-Filzes?
Wir sind in einem Wahljahr, und da müssen natürlich linke Kreise die bürgerlichen Kreise angreifen. Das ist polemisch und bringt nicht allzu viel. Es geht bei diesem Entscheid um eine 4.5-Zimmerwohnung mit 100 m² in Gland in der Genferseeregion. Dort hat das Bundesgericht gesagt, mit der neuen Regelung: 1400 Franken, nicht mehr. Das ist gemeinnützig.
Das ist ein konkreter Fall, aber das Urteil ist generell anwendbar. Vermieter dürfen jetzt 2 Prozent Rendite machen, statt nur 0.5 Prozent. Das kann dazu führen, dass ich als Neumieterin hunderte Franken mehr bezahle als der Vormieter.
Wenn Sie finden, dass Ihr neuer Mietzins zu hoch ist, dann können Sie diesen anfechten.
Im Moment gibt es auf der politischen Ebene sehr viel Polemik zwischen den Mietern und Vermietern. Dies bedaure ich.
Das ist einfach gesagt in einer Situation, in der es schwierig ist, überhaupt eine Wohnung zu finden. Da wird der Mietzins kaum angefochten.
Ich glaube, die riesige Mehrheit der Mieterinnen und Mieter sind vernünftige und schlaue Leute. Sie spüren, ob ein Mietzins missbräuchlich ist oder nicht.
Das Parlament ist momentan den Eigentümern wohlgesinnt. Haben Sie keine Angst, dass das irgendwann nach hinten losgeht und die Bevölkerung beispielsweise eine Initiative des Mieterverbands annimmt?
Im Januar oder Februar 2020 hat die Bevölkerung eine Initiative des Mieterverbands abgelehnt. Ich glaube, Angst muss man nicht haben, wenn man politisiert. Aber es stimmt schon: Im Moment gibt es auf der politischen Ebene sehr viel Polemik zwischen den Mietern und Vermietern. Dies bedaure ich.
Ist das ein Zugeständnis, dass Sie auch mehr für die Mieter machen wollen?
Ja, ab und zu sollten wir schon einen Zwischenweg finden. Ich glaube, wir sollten vielmehr Partner sein als Gegner.
Das Gespräch führte Larissa Rhyn.