Der Ständerat will keine Entlastung bei den Krankenkassenprämien. Nach einem Antrag aus der Mitte hatte ein Gegenvorschlag zur SP-Initiative keine Chance. Mitte-Ständerat Erich Ettlin warnt als Präsident der Gesundheitskommission, man sollte die Chancen der Initiative nicht unterschätzen.
SRF News: Herr Ettlin, stellen Sie sich vor, Sie müssten monatlich über 1000 Franken im Monat für die Krankenkasse bezahlen. Ein ziemlicher Brocken, oder?
Erich Ettlin: Ja, das ist ein ziemlicher Brocken. Und ich bin mir bewusst, dass das für viele Leute schwierig ist.
Eine SP-Initiative soll alle entlasten, die mehr als diese 10 Prozent bezahlen müssen. Weshalb sind Sie dagegen?
Weil wir denken, das setzt am falschen Ort an. Prämienverbilligung gibt es schon und die Kantone machen das in Eigenregie unterschiedlich. Man sollte eigentlich bei den Kosten ansetzen, nicht bei den Prämien.
Der Gegenvorschlag war heute im Ständerat chancenlos. Dabei hatte es in der Gesundheitskommission, die Sie präsidieren, eine Mehrheit dafür gegeben. Was ist passiert?
Ich bin auch überrascht und enttäuscht, weil wir doch von der Kommission her der Meinung waren, wir haben jetzt einen Gegenvorschlag des Bundesrates, den wir unterstützen, der zielgerichtet wäre.
Der Antrag, nicht auf die Vorlage einzutreten, kam aus Ihrer Partei, der Mitte. Diese betont oft, dass man den Mittelstand bei den Gesundheitskosten entlasten sollte. Haben einige Ihrer Kolleginnen und Kollegen den parteipolitischen Kompass verloren?
Ich denke, es ist vor allem die Sicht der Kantone, die hier Einfluss hat. Sie haben sich gegen diesen Vorschlag eingesetzt, weil sie betroffen sind. Der Bund hätte hier nichts daran bezahlt. Das ist das eine. Und das zweite ist, dass ein Teil unserer Partei – eine Minderheit – das Gefühl hat, man setzt am falschen Ort an.
Wie würden Sie es rechtfertigen, dass man mit dem Gegenvorschlag in die Hoheit der Kantone eingreift?
Das ist eine Güterabwägung. Der Bundesrat schreibt einfach fest, wie viel die Kantone mindestens an Prämienverbilligung gewähren müssen. Weil in den vergangenen Jahren einige Kantone ihren Beitrag prozentual zum Gesamtbeitrag gesenkt haben und der Bund immer mehr gegeben hat.
Die Prämienentlastungs-Initiative wäre für die Kantone viel schlimmer oder hätte viel grössere Auswirkungen.
Das heisst, die Kantone nehmen ihre Verantwortung, nicht wahr?
Aus Sicht der Kantone schon. Diejenigen, die ihren Beitrag reduziert haben, sagen: Bei uns ist nicht so viel notwendig, wir haben andere Kostenstrukturen. Aber die Prämienentlastungs-Initiative wäre für die Kantone viel schlimmer oder hätte viel grössere Auswirkungen.
Die Initiative würde auch den Bund viel kosten: 2024 wären es laut Bundesrat 4.7 Milliarden Franken. Ein Gegenvorschlag würde die Chancen der Initiative verringern. Wie wollen Sie dafür sorgen, dass er in einem zweiten Anlauf durchkommt?
Wir müssen im nächsten Jahr mit den Leuten sprechen. Ich glaube, wir sollten die Chancen der Initiative nicht unterschätzen. Aber die Ständeräte sind meistens relativ stabil in ihrer Meinung.
Also wird es Ihnen nicht gelingen, Ihre Parteikollegen zu überzeugen?
Es sind ja nicht nur Leute aus meiner Partei. Auch die FDP hat, bis auf eine Person, gegen das Eintreten gestimmt. Deshalb müssen alle, die für einen Gegenvorschlag sind, jetzt mit Ihren Leuten sprechen.
Das Gespräch führte Larissa Rhyn.