Bauer Armin Capaul ist 66, er hat einen weissen, zerzausten Bart. Und ohne sein Woll-Käppi, genauso ein Markenzeichen wie sein Bart, geht er nicht aus dem Haus. Capaul wohnt abgelegen oberhalb von Moutier im Kanton Bern. In seinem alten Stall stehen seine Kühe, Braunvieh, alle mit Hörnern.
Dass zu einer Kuh Hörner gehörten, habe ihm schon sein Vater beigebracht. «Wenn er eine Kuh gezeichnet hat, hat er immer mit den Hörnern angefangen». Die Botschaft: Sind die Hörner in Ordnung, ist es die ganze Kuh.
Schneider-Ammann «mitschuldig»
Dass Capaul sich entschloss, mit einer Volksinitiative für die behornten Kühe zu kämpfen, war aus seiner Sicht Notwehr. Vorausgegangen waren zahllose Briefe an Bundesrat Schneider-Ammann, von ihm angestossene Vorstösse im Parlament und eine Petition. Eine Volksinitiative zu lancieren war das letzte Mittel, auf das ihn paradoxerweise der Bundesrat in einem Brief noch hingewiesen hatte.
Kein Theoretiker
Für Daniel Graf, freischaffender Kampagnen-Macher, der auch Initiativ-Komitees berät, verkörpert Bergbauer Capaul idealtypisch den «neuen» Initianten. Er ist eine markante Figur, hat eine Geschichte zu erzählen, ist authentisch.
«Capaul ist kein Theoretiker, er steht täglich im Kuhstall, mistet aus, er weiss, wovon er spricht», sagt Graf. Und er ist überzeugt, dass solche Initianten von den neuen Medien, über die sich Bilder und Clips rasend schnell verbreiten, profitieren. Auch dafür ist Capaul das beste Beispiel: in den klassischen und in den sozialen Medien, die seine Kinder für ihn betreuen, hat Capaul grosse Beachtung gefunden. Und er hat mit seiner Erscheinung und seiner schlagfertigen Art auch gestandene Politiker in seinen Bann gezogen.
Glaser: «Das Volk holt sich die Initiative zurück»
Auch der Staatsrechtler Andreas Glaser, der am Zentrum für Demokratie in Aarau seit Jahren über Volksinitiativen forscht, spricht von einem neuen Phänomen. Diese «Einzelkämpfer-Initiativen» folgten auf eine Phase, in der vor allem Parteien das Initiativrecht als Vehikel genutzt hätten. «Insofern kann man sagen, das Volk holt sich jetzt die Volksinitiative zurück.»