Aakash Malhotra ist ein Influencer aus Indien. Er trinkt aus einem Bergbach in der Nähe von Davos (GR). Er filmt sich mit seiner Kamera und sagt bedeutungsvoll: «Dieses Wasser hier ist göttlich rein.»
Dass das Wasser durch die Kuhweide oberhalb des Baches voller Keime sein könnte, bekommen seine 150'000 Follower nicht mit. Malhotra ist einer von 30 Influencern, die Schweiz Tourismus im Sommer nach Davos eingeladen hat. Sie sollen Touristen in die Schweiz locken.
Die Influencer kommen aus der ganzen Welt, ausgerüstet mit Smartphones, Kameras und Drohnen. Sie alle haben Einfluss auf ihre Fangemeinde und werden dadurch zu Hoffnungsträgern der Tourismus-Marketingorganisation.
«Wir lenken die Influencer»
Zuvor war Malhotra in der Türkei, anschliessend geht’s weiter nach Malaysia. In Indien ist er bekannt als Sieger der indischen Fernsehsendung «Swissmade Challenge». Während fünf Tagen führt ihn Schweiz Tourismus an Orte, über die er möglichst positiv berichten soll.
«Die Influencer entscheiden selber, was sie posten und ihren Followern berichten», sagt Markus Berger von Schweiz Tourismus. «Wir lenken sie aber dorthin, wo wir sie haben möchten.»
Pausenlos posten
Reise und Übernachtungen sind bezahlt. Die Gage hängt davon ab, wie viele Follower ein Influencer hat. Malhotra bekommt für seinen Einsatz in der Schweiz rund 1000 Franken. Dafür postet er pausenlos und nach vertraglich festgelegten Vorgaben.
Der Inder hat mittlerweile auch die Schattenseiten des Lebens als Influencer kennengelernt. «Man ist ständig gezwungen, Inhalte zu liefern, sonst verliert man Follower und erfüllt die Vertragsbedingungen nicht», sagt er. «Das ist anstrengend. Durchatmen und geniessen geht nicht.»
Negativer Nebeneffekt Overtourismus
Mittlerweile versuchen immer mehr Tourismus-Organisationen die Wirkung von Fotos und Videos von Influencern zu nutzen. Das allerdings kontrolliert und mit klaren Vorgaben, denn Negativbeispiele gibt es genug.
So etwa das Berggasthaus Aescher im Appenzellerland, das von Gästen überrannt wurde, nachdem Touristen Fotos und Videos des malerischen Restaurants in der Felswand in sozialen Medien posteten.
Oder das wilde Verzascatal, wo man mit den Folgen eines Bade-Videos zu kämpfen hatte, das junge Mailänder vor zwei Jahren hochluden: Die Folge waren wild parkierte Autos, Abfallberge und unkontrollierte Touristenhorden.
«Um solche Auswüchse zu vermeiden, lenken wir die Influencer in weniger bekannte Regionen», sagt Markus Berger von Tourismus Schweiz. Der Berufszweig ist jedoch noch zu jung, um zu wissen, ob diese Rechnung tatsächlich aufgeht.
Klischees gefragt
Die Influencer sind bei ihrem Trip durch die Schweiz offenbar dauernd auf der Suche nach klischierten Bildern der Schweiz. Solche Bilder erwarte man in Indien, erklärt Aakash Malhotra. Dazu gehört ein Selfie aus dem Zugfenster mit den Haaren im Wind, Bahn und Bergwelt im Hintergrund. Dafür riskieren im Zug einige der internationalen Influencer Kopf und Kragen.
Und natürlich wird dann auch begeistert über die Rhätische Bahn und den Teller Bündnerfleisch im Speisewagen berichtet. Malhotra preist das getrocknete Rindfleisch vor sich als «amazing» an. Wie diese Botschaft in Indien ankommt – wo Kühe normalerweise nicht gegessen, sondern verehrt werden – das gehört wohl zum Berufsrisiko.