«Ihr Schakale habt immer noch nicht gelernt, dass es NICHT vorbei ist, bis ich sage, dass es vorbei ist!!!» Das schrieb M.Y. (Name geändert, aber der Redaktion bekannt), mutmasslicher Boss der türkisch-schweizerischen Glücksspielmafia, im Oktober 2022 auf Instagram – zwei Tage nachdem SRF Investigativ und das Recherche-Team Reflekt erstmals über ihn und seine Machenschaften berichtet hatten.
Nun ist es vielleicht doch vorbei für ihn. Wie SRF Investigativ und Reflekt aus sicherer Quelle wissen, hat die Kantonspolizei Zürich am vergangenen Donnerstag fünf Männer im Zusammenhang mit illegalem Glücksspiel festgenommen – darunter auch M.Y. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Es wird erwartet, dass die Zürcher Staatsanwaltschaft bald weitere Details zur Festnahme publik machen wird.
Illegale Glücksspielseiten als Kern des Geschäfts
Laut Recherchen soll der in der Türkei geborene M.Y. von Zürich aus ein weitreichendes Netzwerk über mehrere Kantone geleitet haben – mit IT-Spezialisten, Geldeintreibern und dutzenden, zumeist türkischen Lokalen, in denen Leute viel Geld verspielten.
Kern dieses Geschäfts waren illegale Glücksspielseiten wie siskowin.com, solobet.com oder sportwin.com, die von den Schweizer Behörden zwar gesperrt wurden, jedoch immer wieder unter leicht abgeänderter Adresse auftauchten. Mehrere Millionen Franken pro Monat soll der Boss laut einem Insider zeitweise umgesetzt haben.
Gewinne aus dem illegalen Glücksspiel werden nicht versteuert. Dem Staat entgeht damit viel Geld. Zudem werden die Gewinne laut Andrea Wolfer von der Eidgenössischen Spielbankenkommission oft für die Finanzierung von Schwerstdelikten wie Menschen- oder Drogenhandel verwendet.
Empfang beim nordzyprischen Präsidenten
Wie einflussreich M.Y. über die Jahre geworden ist, zeigt etwa, dass er kürzlich vom Präsidenten der Nordzyprischen Republik, Ersin Tatar, empfangen wurde. Gut informierte Quellen gehen davon aus, dass er sich in der für Glücksspiel bekannten Türkischen Republik Nordzypern ein neues Standbein aufbauen wollte.
Erstmals bekannt wurden die Tätigkeiten des Glücksspielbosses durch den Podcast «Der Fall Antepay» von SRF und Reflekt. Mittels mehrmonatiger Recherche konnte aufgezeigt werden, dass M.Y. hinter zahlreichen illegalen Glücksspielseiten stecken soll und auch bei der Bezahlkarte Antepay, dem ehemaligen Hauptsponsor des FC Zürich, involviert war.