Im Fokus der Ermittler steht auch eine Zuger Pharma-Handelsfirma. Sie soll gemäss griechischen Untersuchungsakten im engen Austausch mit dem mutmasslichen Drahtzieher der Medikamente-Diebstähle in Griechenland gestanden haben. Dieser Mann wurde zusammen mit weiteren Verdächtigen in Griechenland verhaftet.
Bei der Schweizer Firma handelt es sich um die Hadicon AG in Zug, das ergaben Recherchen des ARD-Magazins «Kontraste» und «10vor10» von Schweizer Fernsehen SRF. Heute früh fand am Firmensitz in Zug eine Hausdurchsuchung statt, das bestätigt die Heilmittelaufsicht Swissmedic auf Anfrage. «Die Intervention hat in Zusammenarbeit mit der Kantonspolizei Zug stattgefunden.» Weitere Angaben könnten nicht gemacht werden, da das Verfahren noch laufe, schreibt Swissmedic.
Krebsmedikamente auf Fischmarkt
Aus griechischen Ermittlungsakten, die «Kontraste» und «10vor10» vorliegen, geht hervor, dass der Geschäftsführer von Hadicon vom griechischen Hauptverdächtigen zuweilen als «König dieses internationalen Grosshandels» bezeichnet wird, er also angeblich eine zentrale Rolle einnehmen soll.
In einer schriftlichen Stellungnahme teilt Hadicon mit, die Vorwürfe würden «jeglicher Grundlage entbehren». Als Grosshändlerin kaufe und verkaufe Hadicon vorverpackte und versiegelte Originalmedikamente. «Hadicon bezieht Medikamente grundsätzlich über Zulieferer, welche die lokalen regulatorischen Anforderungen erfüllen», schreibt die Firma.
Aus den Akten der griechischen Behörden entsteht das Bild eines jahrelangen Handels mit gestohlenen Medikamenten, darunter Krebsmedikamente. Eine Bande in Griechenland hat die Arznei demnach in Klinikapotheken entwendet und ist damit offenbar nicht sachgemäss umgegangen.
Die Rede ist von Zwischenlagern auf einem Athener Fischmarkt und Weitertransport in Koffern. Dadurch wurde höchst wahrscheinlich die Kühlkette unterbrochen. Vor allem Krebsmedikamente müssen oft bei präzisen Temperaturen gekühlt werden – ansonsten können sie an Wirkung verlieren.
Hadicon kein unbeschriebenes Blatt
Ein Teil der gestohlenen Medikamente gelangte offenbar nach Deutschland. Ob auch Medikamente in die Schweiz geliefert wurden, ist noch unklar. Hadicon schreibt, es seien keine Medikamente «aus den erwähnten Geschäftsbeziehungen» in der Schweiz in Verkehr gekommen. Die Dokumente der griechischen Behörden lassen den Eindruck entstehen, dass die Schweizer Firma Hadicon die Arznei des verdächtigten griechischen Lieferanten wahrscheinlich in andere Länder verkauft hat – und damit angeblich Umsätze in Millionenhöhe gemacht habe.
Allein 2014 orderte das Unternehmen laut der griechischen Ermittlungsbehörden für knapp 1,7 Millionen Euro Medikamente von dort. Die Firma, die von einem Deutschen geleitet wird, war 2012 schon einmal in den Schlagzeilen, als sie in den Handel mit gefälschten Krebsmedikamenten verwickelt war. Ein strafbares Verhalten wurde damals nicht nachgewiesen. Hadicon verfügt bis heute über eine Betriebsbewilligung von Swissmedic.
Hadicon schreibt, man arbeite «intensiv, transparent und völlig offen mit den zuständigen Behörden zusammen». Es gilt die Unschuldsvermutung. Das Verfahren von Swissmedic gegen die Firma ist hängig, noch müssen die heute sichergestellten Dokumente ausgewertet werden.