Nicht nur erwachsene Menschen flüchten in die Schweiz. Auch Minderjährige suchen hierzulande Asyl – und zwar unbegleitet, ohne Eltern oder Familie. Am Meisten von ihnen kommen aus Eritrea. In den ersten sieben Monaten dieses Jahres waren es bereits 250. Das sind über viermal mehr als im gesamten letzten Jahr.
Entsprechend übervoll sind die Wohnheime für diese Flüchtlinge. Bis sie jedoch dort ankommen, müssen sie eine beschwerliche Reise durch die Wüste, politisch unsicheres Gebiet und übers Meer auf sich nehmen und dabei ihr Leben riskieren.
Monatelanges Herantasten
Über die Hintergründe der Flucht erzählen die Minderjährigen dann oft nur wenig. Dies bestätigt Markus Laib, Leiter des Zentrums Thurhof im Kanton St. Gallen: «Es braucht manchmal Monate bis wir etwas erfahren. Wir wissen auch nicht ob die Eltern noch leben. Wir müssen uns immer an diese Themen herantasten und hören wirklich wenig bis nichts.»
Für den Sozialantrophologen und Eritrea-Kenner David Bozzini ist klar wieso so viele Jugendliche ohne die Begleitung ihrer Eltern nach Europa aufbrechen. «Sie flüchten vor der politischen Situation in Eritrea. Sie flüchten vor dem Nationaldienst, der als Art staatlicher, dauerhafter Sklavendienst verstanden werden muss – und natürlich flüchten sie auch vor den ständig drohenden Repressionen.»
Der Militärdienst ist für alle Eritreer – Männer und Frauen – ab dem 18. Altersjahr pflicht und muss auf unbestimmte Zeit geleistet werden.
Traum vom besseren Leben
Toni Locher, Honorarkonsul für die Schweiz in Eritrea, will von einer systematischer Unterdrückung und einem Leben in Angst nichts wissen. Der Honorarkonsul pflegt eine gewisse Nähe zum Regime und glaubt, dass junge Eritreer gut vernetzt seien, Bekannten nachreisen und um ihren Jugendbonus wüssten. «Die Jugendlichen wissen genau, dass sie bei uns in die Schule einsteigen können und bessere Chancen haben einen Beruf zu erlernen, um so ihren Traum zu verwirklichen.»
Der Traum vom besseren Leben in der Schweiz führt für viele in die Sozialhilfe. Oftmals scheitert die Integration an Sprachbarrieren – viele eritreische Jugendliche sprechen kein Englisch.
Für die meisten Jugendlichen aus Eritrea gibt es aber kein zurück mehr. Zu Hause würden sie verfolgt werden. Sie müssen als erstes Deutsch lernen und können dann auf eine bessere Zukunft hoffen.
Schwankende Zahlen
Der grösste Teil der unbegleiteten und minderjährigen Flüchtlinge ist männlich. Neben Eritrea kommen sie aus Staaten wie Somalia, Syrien oder Afghanistan. Die meisten von Ihnen erleben traumatisches auf ihrem Weg in die Schweiz.
Asylgesuche bis 31.07.14 von unbegleiteten Minderjährigen
Frauen | Männer | Total | |
---|---|---|---|
Eritrea | 43 | 207 | 250 |
Somalia | 5 | 29 | 34 |
Syrien | 10 | 11 | 21 |
Afghanistan | 0 | 13 | 13 |
Sri Lanka | 4 | 4 | 8 |
Guinea | 0 | 7 | 7 |
Äthiopien | 0 | 6 | 6 |
Tunesien | 0 | 6 | 6 |
Andere Staaten | 10 | 26 | 36 |
Die Gesamtzahl der alleinreisenden jugendlichen Flüchtlingen war in den letzten Jahren von teils erheblichen Schwankungen geprägt. Gemäss den Zahlen des Bundesamtes für Migration erreichte sie 2004 einen Höhepunkt mit 824 Personen.