- Junge Frauen lassen sich in Privatkliniken in der Schweiz operieren, um ihr Hymen, ihr Jungfernhäutchen, wiederherzustellen.
- Die sogenannte «Hymenoplastik» wird in Montreux immer öfter durchgeführt, wegen steigender Nachfrage.
- Eine Betroffene erzählt, weshalb sie dazu gezwungen war.
- Die WHO fordert das Ende der Jungfräulichkeits-Tests.
Vor der Ehe jungfräulich sein – das heisst: sexuell unberührt – wird auch heute noch in vielen Ländern von jungen Frauen erwartet. Deshalb soll ihr Jungfernhäutchen – das sogenannte Hymen – intakt sein.
Wer das nicht beweisen kann – durch einen Jungfräulichkeits-Test vor der Hochzeit oder ein blutiges Laken nach der Hochzeitsnacht – kann geächtet oder gar verstossen werden.
Alleine am Genfersee bieten rund ein Dutzend Kliniken eine ungewöhnliche Operation an: Bei der «Hymenoplastik» wird das Hymen, das Jungfernhäutchen, wieder hergestellt.
Zwei Drittel der Patientinnen kommen aus dem Ausland
Laut Dr. Igor Martinek, Direktor der Clinique Suisse in Montreux, gibt es eine steigende Nachfrage nach Hymen-Operationen. Schweizer Kliniken seien wegen ihrer Diskretion besonders beliebt. So reisen zwei Drittel der Patientinnen aus dem Ausland an.
Ein Drittel aber lebt in der Schweiz. So auch eine junge Frau, die anonym über ihre Beweggründe spricht:
Meine Mutter hat erfahren, dass ich einen Freund habe. In unserer Kultur muss die Frau Jungfrau bleiben bis zur Hochzeit.
«Meine Mutter hat erfahren, dass ich einen Freund habe. In unserer Kultur muss die Frau Jungfrau bleiben bis zur Hochzeit. Meine Mutter hat mich gefragt, ob ich noch 'rein' sei. Ich sagte: Nein – ich bin keine Jungfrau mehr. So hat die Hölle für mich angefangen.»
«Wir haben einen Arzt in der Schweiz gesucht, der diese Operation macht. Ich hatte keine Wahl – entweder das oder ich hatte Angst sonst umgebracht zu werden. Meine Mutter hätte es meinem Vater, meinen Brüdern und Cousins erzählt. Sie hätten mich geschlagen oder zur Heirat mit jemandem gezwungen.»
Für sie war eine Hymenoplastik das kleinere Übel, um schlimmeren Konsequenzen zu entgehen.
Einziger Ausweg für viele Betroffene ist die sogenannte «Hymenoplastik», eine Operation, die das Jungfernhäutchen wiederherstellt. Das wird auch in der Schweiz gemacht, zum Beispiel in Montreux.
Für den Chirurgen Marc Abecassis haben die Gründe nicht nur mit Religion, sondern auch mit gesellschaftlichen Vorstellungen zu tun. Auch in China gebe es eine hohe Nachfrage für den Eingriff. Eine jungfräuliche Frau werde in vielen Traditionen noch immer als wertvoller angesehen.
Teurer Eingriff, der kritisiert wird
Zwischen 2000 bis 4000 Franken kostet der Eingriff in der Schweiz. Und Frauen, die den Eingriff vornehmen, bräuchten psychologische Unterstützung, fordern Kritiker.
Denn diese Operationen würden den Patientinnen zu verstehen geben, dass sie etwas falsch gemacht hätten und dass es einen Fehler zu beheben gelte. Auch stünden viele der Frauen unter Druck und würden sich nicht völlig frei zu einer Operation entschliessen.
Hinzu kommt: Ein Jungfernhäutchen ist wissenschaftlich betrachtet kein Beweis für Jungfräulichkeit.
Bei der Hälfte der Frauen kommt es zu gar keiner Blutung beim ersten Sex.
So meint auch Klinikdirektor Igor Martinek, bei der Hälfte der Frauen komme es zu keiner Blutung beim ersten Sex. Denn Jungfernhäutchen seien nicht gleich aufgebaut. Einige bilden eine richtige Membran aus, andere nicht.
Trotzdem wächst die Nachfrage nach solchen Eingriffen.