Die Impfung habe sich sehr stark auf die Zahlen ausgewirkt, sagt Milo Puhan. Er ist Professor für Epidemiologie an der Universität Zürich und Leiter des Corona Immunitas Forschungsprogramms. «Wichtigste Erkenntnis ist, dass die Seroprävalenz, der Anteil der Bevölkerung mit Antikörpern gegenüber dem Coronavirus, sehr stark angestiegen ist, seit man impft.»
Bis zum Start der Impfkampagne hatten 20 bis 25 Prozent der Erwachsenen Antikörper wegen einer durchgemachten Infektion. Bei den über 65-Jährigen waren es gar deutlich unter 20 Prozent. Diese Werte stiegen bis heute stark an, sagt Milo Puhan.
Momentane Immunität reicht nicht
«Von den 65+ wissen wir, dass sie zu einem grossen Teil geimpft sind. Da sehen wir Seroprävalenzen von 90 Prozent, im Tessin sogar 96 Prozent.» Nicht jedoch bei den 20- bis 64-Jährigen, wo es 70 bis 75 Prozent seien.
90 Prozent der über 65-Jährigen haben also Antikörper. Bei den unter 65-jährigen Erwachsenen etwa drei von vier Personen. Das ist nicht wenig, aber offenbar auch nicht genug, um die Pandemie aufzuhalten. «Bei den unter 65-Jährigen reicht das sicher nicht, um diese Welle, die droht oder die schon begonnen hat, gut abzufangen.» Dabei gehe es vor allem um die Verhinderung von schweren Verläufen, die eine Hospitalisierung erfordern.
Bei den unter 65-Jährigen reicht das sicher nicht, um diese Welle gut abzufangen.
Die Hospitalisierungen wegen Covid-19 nehmen bei allen Altersgruppen zu. Die Zunahme der jüngeren Menschen ist aber besonders deutlich, weil sie sich im Moment oft anstecken. Das zieht sich hinunter bis zu den 20-Jährigen.
Auch Jugendliche und Kinder gibt es wieder mehr im Spital wegen Corona. Noch sind die Zahlen auf tiefem Niveau. 20 bis 30 Spitaleinweisungen sind es aktuell pro Tag. Doch die Tendenz ist im Moment stark steigend.
Zufrieden zeigt sich Milo Puhan über die Anzahl der über 65-Jährigen in der Schweiz, die Antikörper haben. «Da ist der Schutz gut. Man muss aber auch sagen, dass man sich auch nach einer Impfung infizieren kann. Vor allem, wenn die Zahlen hoch sind.»
Aber Spitaldaten aus der Schweiz und international würden zeigen, dass der Schweregrad viel geringer sei. «Es sind ziemlich wenige Hospitalisierungen nötig, wenn man geimpft wurde», so Puhan.
Für die Spitäler könnte es also vor allem kritisch werden, wenn sich das eine Viertel der jüngeren Menschen ohne schützende Antikörper in rascher Folge ansteckt.