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In Schweizer Städten Demoverbote wegen Nahostkonflikt: Ist das verhältnismässig?

Die Städte fühlen sich mit ihren Demoverboten im Recht. Staatsrechtler Markus Schefer über eine heikle Güterabwägung.

In Basel wollten am kommenden Wochenende Corona-Massnahmenkritikerinnen und Freiheitstrychler auf die Strasse gehen. Eine Dreiländer-Kundgebung war geplant, auch mit einer umstrittenen Rednerin von der deutschen AfD. Die linke Gruppierung «Basel Nazifrei» hat ihre Gegendemo auch angekündigt.

Das Gesuch für die Kundgebung wurde vor drei Monaten eingereicht, gestern Abend haben die Behörden die Demonstration untersagt. Dazu die Basler Sicherheitsdirektorin Stephanie Eymann: «Der Nahostkonflikt ist sehr dynamisch und die Weltlage ist angespannt. Wir sind zum Schluss gekommen, dass die Sicherheitslage zu gefährlich ist, um jetzt zu demonstrieren.»

Ich würde mir wünschen, dass eingehender dargelegt wird, weshalb Demonstrationsverbote erlassen wurden.
Autor: Markus Schefer Staatsrechtler an der Universität Basel

Freiheitstrychler dürfen ihre Glocken nicht schwingen, weil Krieg in Nahost herrscht. Generell wünscht sich Staatsrechtler Markus Schefer von der Universität Basel genauere Begründungen durch Behörden: «Ich würde mir wünschen, dass eingehender dargelegt wird, weshalb Demonstrationsverbote erlassen werden.» Dies sei wichtig, damit die Öffentlichkeit den Entscheid der Behörden nachvollziehen könne.

Verbote in Basel, Bern und Zürich

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Zuerst sollte es in Basel eine Mahnwache für die israelischen Opfer der Hamas geben, dann wollten diejenigen demonstrieren, die sich für die Palästinenser einsetzen. Die Stadt Basel hat beide Demonstrationen verboten. Zu heikel. Auch Bern und Zürich verbieten Kundgebungen am kommenden Wochenende.

Ein Blick auf die Schweizer Karte zeigt, dass andere Städte die Demobewilligungen unterschiedlich handhaben. Zum Beispiel sind in Genf und Lausanne Palästina- und Friedensdemonstrationen angekündigt und bewilligt worden. Auch Schaffhausen will Demonstrationen zulassen, ein Gesuch sei aber nicht eingegangen, sagt der Stadtpräsident Peter Neukomm gegenüber den «Schaffhauser Nachrichten». Wer demonstrieren will, hätte also Ausweichmöglichkeiten.

In der Stadt Bern wiederum sei dieses Wochenende bereits viel los, begründete am Mittwoch Sicherheitsdirektor Reto Nause das Demoverbot: «Wir haben ein Hochrisiko-Fussballspiel, das Lichtspiel auf dem Bundesplatz und den Wahlsonntag, den wir bewältigen müssen. Insofern ist dieses Wochenende keine weitere Kundgebung möglich.»

Behörden hätten bei vielen Veranstaltungen durchaus Spielraum auszuwählen, wer den öffentlichen Raum für sich beanspruchen darf, sagt Staatsrechtler Schefer: «Dabei ist insbesondere auch der Bedeutung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit Rechnung zu tragen – und auch der hohen Bedeutung, die der Nahostkonflikt derzeit in der Öffentlichkeit hat.» Vielleicht müsse halt das Lichtspektakel oder das Fussballspiel zugunsten einer politischen Kundgebung hintenanstehen.

Die Grenzen der Versammlungsfreiheit

Zürich hat sieben Kundgebungen, die im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt stehen, untersagt. So wurde eine bereits bewilligte Friedensdemonstration der Gsoa untersagt. Werden Versammlungsfreiheit und Meinungsäusserungsfreiheit zu stark eingeschränkt, wenn Friedensdemos verboten werden? «Die Einschränkung ist ausserordentlich schwerwiegend. Umso mehr, weil sie ein besonderes inhaltliches Thema betrifft», sagt Schefer.

Aber die Versammlungsfreiheit sei nicht schrankenlos, betont der Staatsrechtler. Die Versammlungsfreiheit dürfe eingeschränkt werden und das werde regelmässig auch getan. Entscheidend ist für Schefer, dass die Gründe, aus denen die Versammlungsfreiheit eingeschränkt wird, klar offengelegt werden. «Und die Einschränkungen dürfen nur so weit gehen, als sie erforderlich sind, um ihr Ziel – etwa die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten – auch tatsächlich zu erreichen.»

Bundesrätin Baume-Schneider zu den Verboten

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Gegenüber SRF äusserte sich auch Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider (SP) zu den Demonstrationsverboten in verschiedenen Schweizer Städten. «Ich halte die Massnahmen für verantwortungsbewusst», sagte sie am Rande des EU-Innenministertreffens in Luxemburg. Die Demonstrationsverbote seien angesichts der angespannten Lage angemessen, um Risiken zu vermindern, dass es zu Zusammenstössen zwischen den jeweiligen Lagern komme.

Staatsrechtler Schefer vermisst eine klare Kommunikation auf Seiten der Sicherheitsbehörden, wenn bestimmte Kundgebungen untersagt werden. So entstehe der Eindruck, es werde Zensur ausgeübt.

Rendez-vous, 19.10.2023, 12:30 Uhr

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