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Huldrych Günthard: «Die Durchseuchung nimmt Fahrt auf»
Aus 10 vor 10 vom 10.01.2022.
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Infektiologe zu aktueller Lage «Die Durchseuchung in der Schweiz nimmt Fahrt auf»

In den letzten Tagen werden regelmässig über 30'000 Neuinfektionen mit dem Coronavirus vermeldet. Trotzdem werden keine neuen Massnahmen verordnet. Befinden wir uns inmitten der viel diskutierten Durchseuchung? Es sehe tatsächlich so aus, sagt Huldrych Günthard, leitender Arzt der Klinik für Infektionskrankheiten am Unispital Zürich.

Huldrych Günthard

Infektiologe und leitender Arzt am Universitätsspital Zürich

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Huldrych Günthard hat in Zürich Medizin studiert und sich auf Innere Medizin und Infektiologe spezialisiert. Er ist stellvertretender Direktor der Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene und leitet dort das HIV-Forschungslabor.

Günthard ist Mitglieder der wissenschaftlichen Kommission der Stiftung Pfizer Forschungspreis.

SRF News: Wenn wir ehrlich sind, diese viel diskutierte Durchseuchung ist schon im Gange, oder?

Huldrych Günthard: Ich würde sagen, sie nimmt Fahrt auf. Wir haben die neue Welle mit den aktuellen Massnahmen momentan überhaupt nicht im Griff. Von daher befinden wir uns in einer Phase, in der wir in Richtung Durchseuchung gehen.

Das heisst, die bestehenden Massnahmen müssen nicht ausgebaut, sondern können sogar ein bisschen zurückgeschraubt werden?

Nein, das finde ich nicht. Weil wir immer noch vieles über die neue Variante nicht wissen, vor allem nicht, wie gefährlich sie für Ungeimpfte oder nur teilweise Geimpfte ist. Das müssen wir noch herausfinden. Insofern ist es sicher schlecht zu sagen, dass wir die Durchseuchung forcieren wollen.

Es ist sicher schlecht zu sagen, dass wir die Durchseuchung forcieren wollen.

Offenbar ruft Omikron ja wenig schwere Verläufe hervor. Naiv gefragt: Wenn es eine Variante gibt, die man laufen lassen kann, dann wäre es doch diese?

Ja, aber sie müssen bedenken, dass diese Variante zwar weniger gefährlich ist, aber viel mehr Fälle auslöst, dann ist dieser Vorteil wieder verspielt. Ausserdem gibt es auch bei Omikron schwere Verläufe. Das wissen wir aus England oder den USA, vor allem in New York, wo man davon ausgeht, dass weniger geimpft sind und verschiedene Risikofaktoren bestehen. Der Punkt ist, wir wissen einfach noch zu wenig darüber.

Der Punkt ist, wir wissen einfach noch zu wenig darüber.

Wie soll man sich in der Schweiz verhalten, als gesunder oder genesener Mensch, was der Grossteil der Bevölkerung ist.

Jeder sollte an das Gesamte denken, an seine Mitbewohnerinnen und Mitbewohner, Freunde, Kinder, Grosseltern. Das heisst, Massenveranstaltungen meiden, wenn möglich. Und wenn man geht, dann mit einer FFP2-Maske, meiner Meinung nach.

Also Sie würden nicht ans Lauberhorn-Rennen?

Wenn, dann mit einer FFP2-Maske und getestet. Und die Veranstalter sollten ein 2G+ mit PCR-Test fordern. Ich sehe das als ein Muss für eine so grosse Veranstaltung.

Nun erwarten wir neue Entscheide des Bundesrats. Machen richtig harte Massnahmen wie ein Lockdown überhaupt noch Sinn?

Wenn man die Zahlen wirklich drücken will, müsste man tatsächlich scharfe Massnahmen wie einen Lockdown einführen. Aber dies wäre ein massiver Eingriff und das macht momentan keinen Sinn. Ich hoffe, dass man diese Welle verteilen und abflachen kann, sodass wir die zu erwarteten massive Zunahme an Hospitalisationen vielleicht doch noch verhindern können. Es geht vor allem auch darum, die Leute zu schützen. Auch wenn wir weniger schwere Fälle im Spital haben, diejenigen die wir haben, beschäftigen uns genau gleich. Aber wenn ein Drittel der IPS-Betten ausfällt aufgrund fehlenden Personals wegen Omikron, dann können wir auch die anderen nicht behandeln.

Das Gespräch führte Arthur Honegger.

10 vor 10, 10.1.2022, 21:50 Uhr ; 

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