Plötzlich sind die Eltern da, in der 10-Uhr-Pause, auf dem Schulhof. Zuvor hatten sich Kinder gestritten. Anstatt das Problem untereinander zu lösen oder eine Lehrperson beizuziehen, haben die Kinder die Eltern gerufen.
Dafür haben sie kein Handy benutzt. Das hätten sie vor Schulbeginn abgeben oder in den Schulsack stecken müssen. Sie haben die Eltern via Smartwatch gerufen.
Eltern heimlich im Klassenzimmer
Diese Begebenheit erzählt Benjamin Hänni vom Lehrerinnen- und Lehrerverein Baselland (LVB). Er weiss von weiteren prekären Situationen. Zum Beispiel jener, wo ein Kind die Eltern heimlich habe ein Gespräch mithören lassen. «Das Kind hat die Eltern angerufen, als die Lehrperson ein klärendes Gespräch mit ihm geführt hat.» Die Lehrperson habe nicht gewusst, dass die Eltern mithören konnten.
Probleme mit Smartwatches könnte es vermehrt geben, befürchtet man nun an einer ländlichen Schule im Kanton Baselland: «Immer mehr Kinder haben solche Smartwatches oder wünschen sich eine», erzählt Lehrerin Michelle Schoch.
Mittlerweile hat etwa ein Viertel der Kinder eine Smartwatch.
Einen Anstieg beobachtet auch der LVB. Vor allem seit 2024 hätten deutlich mehr Kinder eine Smartwatch als einige Jahre zuvor, sagt Hänni. «Mittlerweile ist es etwa ein Viertel der Kinder.»
Die Kreisschule Homburg, wo Michelle Schoch unterrichtet, hat deshalb Regeln aufgestellt: Nicht nur das Handy muss in der Schule im Schulsack bleiben. Neu muss auch die Smartwatch vor dem Unterricht weg vom Arm, in den Schulsack oder ins Kindergartentäschli.
Die Smartwatch ist wie eine verlängerte Nabelschnur.
Die Smartwatch am Arm ist aber nicht nur für die Schule ein Problem, findet Benjamin Hänni. Sie sei auch für die persönliche Entwicklung der Kinder problematisch.
Einige Kinder sind via Uhr nämlich stets mit ihren Eltern verbunden. «Die Smartwatch ist dann wie eine verlängerte Nabelschnur», sagt Hänni. «Die Kinder können sich nicht von den Eltern lösen und haben deshalb Schwierigkeiten, selbstständig zu werden.»
Smartwatches hätten vor allem jüngere Kinder, sagt auch Beat Schwendimann vom Dachverband der Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH). Dies auch, weil sie oft von Eltern genutzt würden, «um ihre Kinder zu überwachen».
Schweizweit stellen Schulen Regeln auf
Mit dem Verbot, die Smartwatch in der Schule oder dem Kindergarten am Arm zu tragen, ist die Kreisschule Homburg im Baselbiet nicht alleine. Viele Schulen haben den weit verbreiteten Handyregeln mittlerweile auch Smartwatchregeln zur Seite gestellt.
Diese Entwicklung begrüsst der LCH. «Wie Smartphones können auch Smartwatches den Unterricht stören», so Beat Schwendimann. Beispielsweise würden Benachrichtigungen, wie sie Smartwatches aussenden, die Konzentration der Kinder stören. Wichtig sei allerdings, dass die Regeln klar kommuniziert würden – jene zu Handys genauso wie jene zu Smartwatches.