Ist eine Politikerin oder ein Politiker etwa an einem Unternehmen beteiligt, vertritt einen Verband oder amtet im Vorstand eines Vereins, so spricht man von Interessenbindung.
Die meisten dieser Engagements geschehen ehrenamtlich, häufig fliesst aber auch Geld. Wie viel – das bleibt meist geheim.
In Bundesbern gehört die im Volksmund zuweilen als «Ämtliwucher» verurteilte Praxis zum Courant Normal. Doch welche Parteien und welche Ständerätinnen und Nationalräte zeigen sich dabei besonders aktiv? Und was sind ihre Verbindungen? Eine Übersicht.
Die Top-Branchen
Engagements im Bereich Wirtschaft machen den Grossteil der Interessenbindungen aus. Darunter fallen Bezüge zu Banken, Versicherungen oder der Immobilienbranche.
Der Bereich Gesundheit beinhaltet Engagements für Spitäler, die Pharmabranche, oder – umstrittenerweise – die Krankenkassen.
Beim Verkehr sind es vor allem Autohändler und der öffentliche Verkehr, die Politikerinnen und Politiker an sich binden.
Viele Parlamentarierinnen und Parlamentarier sind zudem beruflich in PR-Agenturen tätig oder führen diese gar selbst. Beliebt sind auch Engagements im aussenpolitischen Bereich. Zum Beispiel in der Form von Freundschaftsgruppen mit anderen Ländern.
Schaut man sich die Verteilung der «Ämtli» nach politischer Couleur an, zeigt sich ein relativ deutliches Bild.
Bürgerlich weibelt häufiger als Links
Am wenigsten bezahlte Mandate weisen im Parlament die Grünen und die Grünliberalen auf, gefolgt von der SP.
Die Bürgerlichen zeigen sich hingegen vernetzungsfreudiger. Vor allem die Mitte-Fraktion weist viele Verbindungen auf.
Wie sich die einzelnen Politikerinnen und Politiker engagieren, entspricht meist der politischen Stossrichtung.
So weisen bei der SVP nur eine Handvoll Politiker Verbindungen zur Bildungsbranche auf, während bei der SP vergleichsweise wenige in der Landwirtschaft aktiv sind.
Besonders krass ist das Beispiel des Immobilienbereichs: Hier übernehmen die drei Parteien FDP, Mitte und SVP fast sämtliche registrierten Mandate (häufig in der Form der kantonalen Hauseigentümerverbände).
Die Top-Mandate-Sammler
Auch bei der Liste derjenigen Politikerinnen und Politikern, die am meisten ausserparlamentarische Tätigkeiten aufweisen, dominieren laut Lobbywatch die Bürgerlichen. Den ersten Linken findet man erst auf Rang 17 mit Daniel Jositsch (SP/ZH).
Die Zahlen der Organisation Lobbywatch sind jedoch mit Vorsicht zu geniessen. Weist jemand beispielsweise Verbindungen zu mehreren Tochterfirmen auf, wird jede einzeln gelistet (siehe Box «Reaktion Ruth Humbel»). Für die Bündner Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher werden darum nicht weniger als sechs Engagements im Zusammenhang mit der von ihr geführten EMS-Chemie gelistet.
Wie lukrativ diese Posten sind, bleibt in den meisten Fällen das Geheimnis der einzelnen Parlamentsmitglieder. Offenlegen müssen sie diese Beträge nicht.
Vom Fussballverein zur Economiesuisse
Schaut man sich an, welche Gruppen vertreten werden, zeigt sich ein diverses Bild. Von der Spitex, hin zum Versicherer Mutuel, bis zur Gruppe Cannabis Schweiz ist alles dabei.
Bei vielen Engagements dürfte es sich aber auch um Herzensangelegenheiten handeln. So wird etwa bei Philippe Bregy, Mitte-Nationalrat aus dem Kanton Wallis, der FC Naters, aufgeführt. Barbara Schaffner von der GLP Kanton Zürich sitzt im Vorstand der Mühle Otelfingen. Das Eventlokal bringt Vorträge und Theateraufführungen in die kleine Zürcher Gemeinde.
Und dann gibt es noch Organisationen, die je nach politischer Couleur besonders beliebt sind. Bei der Ratslinken ist dies zum Beispiel Aqua Viva, das sich fürs heimische Gewässer einsetzt. Bürgerliche hingegen verschlägt es häufig zu Economiesuisse. Auf beiden Seiten der Schweizer Politik beliebt: die Schweizer Paraplegiker-Stiftung.