Diese Woche schlug der Staat in Italien wieder einmal zu: Ziel war die kalabrische ’Ndrangheta und ihr internationales Mafia-Netzwerk. Mehrere Staatsanwaltschaften führten Hausdurchsuchungen durch, 104 mutmassliche Mafiosi und Mitläufer wurden in ganz Italien verhaftet. Aber auch in der Schweiz gab es Verhaftungen.
Pikant: Die Schweiz wird in Abhörprotokollen als guter Standort für mafiöse Geschäfte zitiert. «In der Schweiz läuft es viel besser als in Italien!» Die Schweiz dient den Drogen- und Waffenhändlern, den Erpressern und Geldwäschern offenbar als Ruheraum und Operationsbasis.
In der Schweiz läuft es viel besser als in Italien!
Samuel Bolis von der Finanzpolizei Como bestätigt: «Die Festgenommenen nutzen die Schweiz als logistische Basis für Drogen und Waffen. Die Drogen kamen aus Italien und waren für den Schweizer Markt bestimmt. Die Waffen kamen aus Drittländern und waren für Italien bestimmt.»
Auch das Bundesamt für Justiz bestätigt nach den Festnahmen in den Kantonen Graubünden, Zürich, St. Gallen und Tessin: «Die von den italienischen Behörden vorgeworfenen Tathandlungen sollen von Italien aus, zumindest teilweise aber auch in der Schweiz ausgeführt worden sein. Den Festnahmen sind Ermittlungen namentlich der Kantone sowie der Bundeskriminalpolizei und der Bundesanwaltschaft vorangegangen.»
Schweiz kennt keinen Mafia-Paragrafen
Dieser Fall zeigt der Mafia-Expertin und RSI-Journalistin Maria Roselli, die seit Jahren die organisierte Kriminalität beobachtet, wie unerschrocken in der Schweiz weiterhin operiert wird: «Es kann nicht sein, dass zwei Mafiosi sich lustig darüber machen, wie einfach das Leben als Mafioso in der Schweiz ist.»
Es kann nicht sein, dass zwei Mafiosi sich lustig darüber machen, wie einfach das Leben als Mafioso in der Schweiz ist.
Denn im Unterschied zu Italien gibt es in der Schweiz keinen «Mafia-Paragrafen», der den Ermittlern schon bei einfacher Mitgliedschaft in einer mafiösen Vereinigung weitreichende Möglichkeiten bietet. Nach italienischen Angaben wurde aber diesmal auch in der Schweiz strafrechtlich relevantes Material sichergestellt – nämlich Kokain.
Maria Roselli: «Dieses Kilo Kokain, das jetzt gefunden wurde, gibt der Polizei die Möglichkeit, auch hier ein Verfahren zu führen. Das heisst: Nicht nur die Möglichkeit der Auslieferung, sondern auch die Möglichkeit, hier vor Ort aktiv zu werden.»
Der Fall – und damit auch die Frage, wie wohl und sicher sich künftig Mafiosi in der Schweiz fühlen – liegt jetzt beim Bundesamt für Justiz.