- Die «Basler Zeitung» (BaZ) hat letzte Woche unzensierte Fahndungsfotos abgedruckt. Die Bilder stammen von der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt.
- Diese hatte die Bilder online gestellt. Sie sucht damit mutmassliche Gewalttäter nach einer unbewilligten Kundgebung vor einem Jahr.
- Medienrechtler sowie der Presserat sehen dieses Vorgehen kritisch.
Als Chaoten bezeichnet die «Basler Zeitung» die Verdächtigen in ihrem Bericht vom letzten Freitag. Unter dem Titel «Krawallbrüder am Pranger» druckte das Blatt 23 teils deutliche, teils etwas unscharfe Fotos von Männern ab. Im Kommentar dazu schreibt Chefredaktor Marcel Rohr, die BaZ habe sich entschieden, die unverpixelten Bilder der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt zu veröffentlichen, weil es «richtig ist, dass die Justiz auf diesem Weg die Krawallbrüder zur Rechenschaft ziehen will». Die Staatsanwaltschaft sagt, sie habe Beweise dafür, dass die Abgebildeten an Gewalttaten beteiligt waren.
Verletzung der Persönlichkeitsrechte
Medienjurist Philip Kübler geht der Fotobericht zu weit. Die abgebildeten Personen würden vorverurteilt. Dabei könnten sie auch unschuldig sein.
«Es wäre zwar zulässig, über die Fahndung zu berichten, darüber, was die Staatsanwaltschaft tut und auch über die Krawalle selbst. Auch mit einer starken Meinung. Das darf die Zeitung», so Kübler. «Aber sie darf nicht Persönlichkeitsrechte und die Unschuldsvermutung verletzen.»
Die Zeitung darf nicht Persönlichkeitsrechte und die Unschuldsvermutung verletzen.
Sein Eindruck sei, dass die Zeitung hier beides getan habe, sagt Kübler. Sein Berufskollege Manuel Bertschi kommentiert den Bericht als ungewöhnlich. Er sieht ebenfalls ein Problem beim Persönlichkeitsschutz. Dies, weil es um verschiedene Vorwürfe gehe. Damit mache sich ein Medium mitschuldig.
«Es handelt sich einerseits um Verbrechen, aber auch um Vergehen», so Bertschi. «Es sind teilweise ganz unterschiedlich schwere Taten. Diese Leute in den Bezug zu einer Straftat zu stellen, kann persönlichkeitsverletzend sein.» Darum sei dies aus medienrechtlicher Sicht problematisch, sagt er.
Bei leichten Vergehen nicht vertretbar
Max Trossmann ist Vizepräsident des Schweizer Presserats, der Instanz für medienethische Fragen und Beschwerden. Er teilt die Bedenken der beiden Juristen. Seiner Ansicht nach ist die BaZ zu weit gegangen: «Was man ihnen vorwirft, sind nach erster Beurteilung leichte bis mittelschwere Taten – keine Morde und keine schweren Körperverletzungen. Von daher scheint es mir noch weniger vertretbar, dass ein Medium diese Bilder einfach so zeigt.»
Es ist nicht Aufgabe der Medien, Erfüllungsgehilfen der Ermittler zu sein.
Medien sollen neutral und objektiv berichten, so Trossmann weiter. Mit dem Abdrucken der Fahndungsfotos habe die «Basler Zeitung» die nötige Zurückhaltung und Distanz abgelegt. Es sei nicht Aufgabe der Medien, Erfüllungsgehilfen der Ermittler zu sein, betont der Presserats-Vizepräsident.
BaZ-Chefredaktor Marcel Rohr sagte auf Anfrage, er stehe nach wie vor hinter dem Artikel, weil die Bilder von der Staatsanwaltschaft freigeschaltet worden seien. Er vertraue der Staatsanwaltschaft. Er betont in seinem Zeitungskommentar zudem, wer sich nichts zuschulden kommen lasse, habe in einem Rechtsstaat auch nichts zu befürchten.