Im Fokus des offiziellen Besuchs von Bundeskanzler Sebastian Kurz bei Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga standen die Themen Klima- und Umweltfragen, der Alpenschutz und die Corona-Pandemie. Auch die aktuelle Flüchtlingskrise auf der griechischen Insel Lesbos wurde diskutiert. Dazu vertritt Sebastian Kurz im SRF-Interview eine dezidierte Meinung.
SRF News: Herr Bundeskanzler, Sie sind aus Schweizer Sicht aus einem Risikogebiet gekommen, aus Wien. Wären Sie ein normaler Tourist, müssten Sie in Quarantäne.
Bundeskanzler Sebastian Kurz: Das stimmt. Aber Gott sei Dank gibt es eine Ausnahme für Geschäftsreisende. Wir haben uns verständigt, dass es zumindest in der Bodenseeregion keine Grenzschliessungen mehr geben wird.
Im letzten Frühling hat die Welt oder auch die Schweiz mit Bewunderung auf Österreich geschaut. Sie haben sehr schnell gehandelt. Jetzt sind die Zahlen gestiegen. Was ist falsch gelaufen?
Na ja, wir haben viele Reiserückkehrer gehabt im Sommer. Wir sind keine Insel. Der Tourismus in Österreich hat eigentlich sehr sicher funktioniert. Aber es sind viele Fälle aus dem Ausland eingeschleppt worden. Ich glaube, jetzt passiert das, was in allen Ländern passiert, wenn sich die Gespräche, die Kontakte wieder nach innen verlagern.
Viele Fälle sind aus dem Ausland eingeschleppt worden.
Mit dem Schulbeginn und mit der Rückkehr aus dem Homeoffice, da steigen auch die Infektionsraten wieder. Das ist in der Schweiz so. Das ist in Österreich so. Das ist in den meisten europäischen Ländern so.
Sie haben vor einem Monat gesagt, dass das ein harter Winter wird, aber dass im nächsten Sommer alles wieder normal sein sollte. Glauben Sie das immer noch?
Ja, natürlich. Für nächsten Sommer bin ich sehr optimistisch, weil es grosse Fortschritte bei der Erforschung eines Impfstoffes und bei der Erforschung von Medikamenten gibt. Insofern rechne ich damit, dass der nächste Sommer wieder ein normaler werden kann. Bis dahin wird uns die Pandemie noch einiges abverlangen.
Ein Thema, das jetzt auch wieder an Aktualität gewonnen hat, ist das Flüchtlingsthema. Sie haben gesagt, die Bilder auf Lesbos lassen Sie nicht kalt. Trotzdem wollen Sie keine Flüchtlinge aus Lesbos aufnehmen. Im Gegensatz zum Beispiel zu Deutschland und der Schweiz. Warum sind Sie da härter?
Na ja, wir haben in den letzten fünf Jahren sehr viele Menschen in Österreich aufgenommen. In den letzten fünf Jahren haben über 200'000 Menschen einen Asylantrag in Österreich gestellt. Wir sind das drittstärkste betroffene Land in ganz Europa. Daher glauben wir, dass wir zunächst einmal die Menschen integrieren sollten, die schon in Österreich sind.
Wir haben in den letzten fünf Jahren sehr viele Menschen in Österreich aufgenommen.
Jetzt gibt es einige Länder in Europa, die rühmen sich gerade dafür, dass sie zwei, vier, 16 oder 20 Kinder aufnehmen. Das ist für mich einfach Symbolpolitik, da möchte ich auch nicht mitmachen.
Das Gespräch führte Gion-Duri Vincenz.