Sie ist eigentlich hübsch: Das Einjährige Berufkraut sieht der Kamille und auch der Margerite sehr ähnlich. Aber die Pflanze ist ein invasives Gewächs und verbreitet sich aggressiv. Die Blume aus Nordamerika bedroht nicht nur heimische Arten, sondern auch die regionale Diversität. Der Kampf gegen das Erigeron annuus, wie es in der Fachsprache heisst, ist aber äusserst aufwändig und verlangt viel Handarbeit.
«Es ist enorm wichtig, jede einzelne Pflanze mit den Wurzeln auszureissen», sagt Matthias Knecht von Öko-Job. Ausgerüstet mit Hacke und grossen Abfallsäcken arbeitet sich Knecht durch eine Wiese und reisst jedes einzelne Einjährige Berufkraut aus dem Boden. Der Neophyt blüht zurzeit überall. Mehrere Gemeinden und Kantone haben Massnahmen ergriffen gegen die Blume, die im 17. Jahrhundert als Zierpflanze den Weg nach Europa fand.
Die Gemeinde Sissach im Kanton Baselland erteilte zum Beispiel dem Arbeitsintegrationsprogramm Öko-Job den Auftrag, die Blumen fachgerecht zu entfernen. Die Pflanzen einfach zu mähen, sei aber keine Option, sagt Matthias Knecht: «Die Pflanze wächst schnell nach. Sie schaltet dabei in einen Überlebensmodus und bildet umso mehr Blüten.» Über 10'000 Samen kann eine Pflanze pro Jahr produzieren. Der Wind trägt diese dann weiter und so verbreitet sie sich. Dementsprechend bilanziert Simon Amiet vom Amt für Umweltschutz und Energie beim Kanton Baselland: «Im Moment wächst es fast schneller nach, als wir es bekämpfen können.»
Für die fachgerechte Entsorgung muss nicht nur jede einzelne Blume mitsamt Wurzeln ausgerissen werden. Der Grünabfall darf auch nicht auf dem Kompost landen, das Einjährige Berufkraut kann sich auch so weiterverbreiten. Die ausgerissenen Neophyten müssen in die Verbrennungsanlage.
Gerade für Bauernbetriebe ist das ein enormer Aufwand. Landwirtin Regula Erne aus Kleindöttingen im Kanton Aargau sagt: «Der Aufwand beträgt jetzt in unserem Betrieb mindestens sechzig bis achtzig Stunden im Jahr von Mitte Mai bis Ende Oktober.» Das Problem sei, dass die Pflanze kaum einen Nährwert habe und gleichzeitig die anderen Futterpflanzen verdränge. Ausserdem machen auch die Behörden Druck: Seit diesem Jahr kürzt der Bund den Bauern die Direktzahlungen, wenn sie zu viele Neophyten auf ihren Feldern haben.
Das Einjährige Berufkraut wurde ursprünglich als Zierpflanze nach Europa gebracht. Heute verzichten Händler zwar auf den Verkauf – ausgebreitet hat sich die Pflanze aber schon lange. Und es sei kein Zufall, dass sich der Neophyt jetzt derart stark ausbreite, sagt Brigitte Marazzi, Botanikerin bei Info Flora. Entscheidend seien die vielen Trockenperioden in den vergangenen Jahrzehnten. «Dadurch sind viele offene Bodenstellen entstanden. Weidenpflanzen oder Gras wächst dort nicht mehr. Das Einjährige Berufkraut kann sich so gut verbreiten.»