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IS-verdächtiger Doppelbürger Bei der Ausbürgerung war Spanien schneller als die Schweiz

  • Die spanische Botschaft in der Schweiz bestätigt Recherchen von SRF, wonach der berüchtigte Dschihadist Daniel D. das spanische Bürgerrecht nicht mehr besitzt.
  • Das bringt das Staatssekretariat für Migration (SEM) in Bedrängnis, das gegen den 25-Jährigen ein Verfahren zum Entzug des Schweizer Bürgerrechts eingeleitet hat.
  • Der ursprünglich spanisch-schweizerische Doppelbürger besitzt damit nur noch die schweizerische Bürgerschaft, womit er bei einer Ausbürgerung aus der Schweiz staatenlos würde.

Video
Aus dem Archiv: IS-Sympathisant vor der Ausbürgerung
Aus 10 vor 10 vom 15.04.2020.
abspielen. Laufzeit 50 Sekunden.

Daniel D., geboren in Genf als Sohn einer Spanierin und eines Schweizers, verliess die Schweiz 2015, um sich dem Islamischen Staat (IS) anzuschliessen. Da er, zumindest bei seiner Ausreise, spanisch-schweizerischer Doppelbürger war, leiteten die Bundesbehörden ein Verfahren zum Entzug des Schweizer Bürgerrechts ein.

Spanien: Zivilrechtlicher Automatismus

Jetzt aber belegen Recherchen von SRF: Daniel D. hat das spanische Bürgerrecht bereits verloren. Das bestätigt die Botschafterin Spaniens in Bern, Aurora Díaz-Rato Revuelta. Grund sei, dass Daniel D. innerhalb dreier Jahre nach seiner Volljährigkeit nicht explizit erklärt habe, die spanische Bürgerschaft behalten zu wollen. Das sei nach spanischem Zivilgesetz aber nötig für in der Schweiz geborene Doppelbürger.

Eine schriftliche Bestätigung der spanischen Behörden konnte SRF einsehen. Demnach wurde Daniel D. exakt mit Datum seines 21. Geburtstags ausgebürgert, also drei Jahre nach Erreichen seiner Volljährigkeit. Das war im Dezember 2015. Damals befand sich Daniel D. bereits in Syrien und hatte seine Grundausbildung bei der Terrororganisation absolviert.

Spanien dürfte darüber informiert gewesen sein, denn Namen von Dschihad-Reisenden werden zwischen Staaten ausgetauscht. Wollte Spanien den Doppelbürger also so rasch als möglich loswerden? Die spanische Botschafterin in Bern betont, ihr Land verfolge eine andere Politik: Terrorverdächtige würden nicht ausgebürgert, es handle sich bei Daniel D. um einen rein zivilrechtlichen Automatismus.

Schweiz: Keine Absprachen mit Zweitstaaten

Ganz anders das Vorgehen der Schweiz: Doppelbürger das Bürgerrecht zu entziehen, entspricht der erklärten Strategie des Bundes und wurde bereits in anderen Fällen angewandt. Ziel ist, anschliessend auch ein Einreiseverbot erlassen zu können.

Im Fall von Daniel D. zeigt sich nun, dass dies jeweils ohne Absprache mit dem Zweitstaat – hier Spanien – geschieht: Ob jemand tatsächlich eine zweite Staatsbürgerschaft besitzt, werde einzig im Inland abgeklärt, bestätigt das SEM gegenüber SRF. Diese Abklärung ist zentral, denn es darf niemand staatenlos gemacht werden.

Stellungnahme des SEM

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Ein Sprecher des SEM teilte schriftlich mit, es sei «gängige Praxis», die Abklärungen innerhalb der Bundesverwaltung vorzunehmen. «Es geht um die innere Sicherheit der Schweiz und darum, die Interessen unseres Landes bestmöglich zu wahren.»

Die Schweiz verzichtet also bewusst darauf, bei der Ausbürgerung von Dschihad-Reisenden die betroffenen Zweitstaaten zu kontaktieren – die in der Folge für die Terrorverdächtigen allein verantwortlich bleiben. Man will, so scheint es zumindest, sicherstellen, dass die Schweiz ein solches Verfahren schneller als der andere Staat abschliessen kann.

Verfahren in der Schweiz wird wohl eingestellt

Im Fall von Daniel D. ist diese Taktik nicht aufgegangen. Sollte er den Verlust seiner spanischen Bürgerschaft nachweisen können, so dürfte das Schweizer Verfahren wohl eingestellt werden.

Allerdings: Daniel D. befindet sich in einem kurdischen Gefängnis in Nordosten Syriens, ohne konsularischen Schutz der Schweiz. Für das SEM gilt er offiziell als nicht erreichbar – deshalb hat es ihn vergangene Woche per Notifikation im Bundesblatt aufgerufen, sich innerhalb einer Frist von 20 Tagen zu melden; was im selber kaum möglich sein wird. So versucht seine Familie in Genf nun, die Ausbürgerung aus der Schweiz und damit eine Staatenlosigkeit zu verhindern.

Weitere Fälle

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Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der Gesetzesartikel nicht mehr angewendet – seit vergangenem Jahr findet er im Kampf gegen Terrorverdächtige aber wieder Verwendung: der Entzug des Schweizer Bürgerrechts.

Die Behörden versuchen, alle Dschihad-Reisenden auszubürgern. Das ist möglich, wenn es sich um Doppelbürger handelt. 2019 wurde ein erstes Verfahren gestartet gegen einen Mann aus dem Kanton Tessin. Dieses wird gerichtlich angefochten, das Verfahren hängig.

Bereits rechtskräftig ist der Bürgerrechtsentzug gegen eine Mutter aus Genf, die auf einen Rekurs verzichtet hat, wie SRF im Januar berichtete. Sie ist jetzt noch ausschliesslich französische Staatsbürgerin. Gegen die Frau wurde in der Folge auch ein Einreiseverbot für die Schweiz erlassen.

Nach Angaben des SEM sind derzeit zwei Verfahren zum Entzug des Bürgerrechts am Laufen. Die Eröffnung von Weiteren werde geprüft.

«10vor10», 15.04.2020, 21:50 Uhr, srf/bern; kurn

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