Die Gerichtskommission des Parlaments hat den ersten Schritt hin zu einem Amtsenthebungsverfahren gegen Bundesanwalt Michael Lauber gemacht. Sie hat ihn nun für den 20. Mai zu einer Anhörung eingeladen. Erst danach wird sie definitiv darüber befinden, ob sie ein Amtsenthebungsverfahren eröffnet.
Wenn sie ihre eigenen Handlungsgrundsätze ernst nimmt, bleibt ihr aber kaum etwas anderes übrig. Die Gerichtskommission hat sich die Handlungsgrundsätze vor einigen Jahren für den Fall gegeben, sollte sie gegen den Bundesanwalt ein Amtsenthebungsverfahren durchführen.
Darin steht: Sollte sie den «begründeten Verdacht» haben, dass der Bundesanwalt seine «Amtspflichten vorsätzlich oder grobfahrlässig schwer verletzt hat», werde sie ein Amtsenthebungsverfahren eröffnen. Und dieser begründete Verdacht gegen Lauber liegt seit Anfang März auf dem Tisch.
Damals veröffentlichte die Aufsicht über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) ihren Schlussbericht zum Disziplinarverfahren gegen Bundesanwalt Lauber.
Schwere Vorwürfe der Aufsichtsstelle
Die AB-BA kam zum Schluss, dass er verschiedene Amtspflichten verletzt habe. Sie schrieb: «So hat er mehrfach die Unwahrheit gesagt, illoyal gehandelt, den ‹Code of Conduct› der Bundesanwaltschaft verletzt und die Untersuchung der AB-BA behindert. Weiter fällt der Bundesanwalt durch Uneinsichtigkeit auf und zeigt im Kern ein falsches Berufsverständnis.»
An anderer Stelle schrieb die AB-BA explizit, dass gewisse Verfehlungen in «grobfahrlässiger Weise» erfolgt seien. In der Folge focht Lauber den Bericht vor dem Bundesverwaltungsgericht an. Er widerspricht der Darstellung der AB-BA grundsätzlich. Gleichwohl würde es überraschen, sollte die Gerichtskommission die Vorwürfe der AB-BA nicht als begründeten Verdacht betrachten. Deshalb wird die Kommission auch nach Laubers Anhörung kaum anders können, als ein Amtsenthebungsverfahren zu eröffnen.
Warten auf das Bundesverwaltungsgericht?
Die Frage wird dann sein, wie die Gerichtskommission bei einem solchen Verfahren vorgehen würde: Wird sie den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts abwarten, bis sie der Vereinigten Bundesversammlung eine Amtsenthebung definitiv beantragt, oder doch nicht? Oder ist das nicht nötig, weil bereits jetzt genügend Vorwürfe belegt sind, so dass die Kommission dem Parlament relativ rasch eine Amtsenthebung beantragen kann? Juristisch wäre es korrekter, das Bundesverwaltungsgericht abzuwarten. Das kann aber dauern.
Deshalb kann auch politisch argumentiert werden, dass die Glaubwürdigkeit der Bundesanwaltschaft so rasch wie möglich wiederhergestellt werden müsse. Für die Glaubwürdigkeit der Bundesanwaltschaft wäre ein Amtsenthebungsverfahren so oder so eine Katastrophe. Selbst Lauber-Vertraute sprechen unterdessen von einer unmöglichen Situation. Einzig Lauber selber kann diesem Justizdrama mit einem Rücktritt ein schnelles Ende bereiten.