Weniger Bürokratie war die Idee der Regulierungsbremse: Wenn ein Gesetzesprojekt für mehr als 10'000 Unternehmen mehr Arbeit bedeutet oder die Regulierungskosten für die Wirtschaft um insgesamt 100 Millionen Franken erhöht, dann sollten im Parlament neue Spielregeln gelten.
Neu hätte es eine qualifizierte Mehrheit gebraucht. Das heisst: Die Hälfte aller Ratsmitglieder müsste zustimmen. Beispielsweise wären im Nationalrat mit 200 Sitzen mindestens 101 Ja-Stimmen notwendig. Heute reicht eine Ja-Stimme mehr als die Nein-Stimmen.
Diese Regulierungsbremse wäre aber in den vergangenen Jahren kaum je angewandt worden, sagte der Berner EVP-Nationalrat Marc Jost. Er verwies auf eine Auswertung von 600 Abstimmungen zwischen 2014 und 2019. Das Resultat sei ernüchternd. «Die Regulierungsbremse hätte nur gerade bei 0.5 Prozent aller Abstimmungen eine Folge gehabt. Drei von 600 Vorlagen wären darunter gefallen», sagte Jost im Namen der Mehrheit der Staatspolitischen Kommission.
Mitte-links-Allianz bodigt Vorhaben
Die Kommission empfahl dem Nationalrat, gar nicht auf die Vorlage einzutreten. Auch, weil die Unternehmen zu stark bevorzugt würden. Das sah auch SP-Co-Fraktionschefin Samira Marti so: «Ausgerechnet den Unternehmen eine staatspolitische Sonderbehandlung zu geben, leuchtet nicht ein – ausgerechnet dem Teil unserer Wirtschaft, der in unserem Haus sowieso schon besonders gut vertreten ist.»
Für die Mitte-Fraktion verwies die Aargauer Nationalrätin Marianne Binder auf eine zweite Vorlage, die in gleiche Richtung geht – das Unternehmensentlastungsgesetz. Dieses sehe ebenfalls weniger Regulierungskosten vor und werde nächste Woche behandelt: «Weshalb also im Parlament doppelt regulieren, wenn bereits reguliert wird?», fragte Binder rhetorisch. «Nichteintreten entspricht also haargenau der Idee der Deregulierer: Im Parlament nicht zwei Mal regulatorisch auftreten, wenn es auch schlank geht.»
Regulierungsbremse mit Signalwirkung?
Die FDP, welche die Regulierungsbremse lanciert hatte, versuchte ihre Vorlage zu retten. Zu viele Vorschriften und Gesetze würden die Wirtschaft Milliarden kosten, sagte der Zürcher Nationalrat Andri Silberschmidt. Und eine Regulierungsbremse hätte Signalwirkung.
Denn wenn sich die Verwaltung vor der Ausarbeitung eines neuen Gesetzes überlegen müsse, wie viele Unternehmen in welchen Umfang betroffen seien, würde das einiges bewirken: «Ich bin mir sicher, dass die Gesetzesvorlagen in Zukunft schlanker und unternehmensfreundlicher ausgestaltet werden», so Silberschmidt.
Zudem könnten beide Instrumente angenommen werden: Die Regulierungsbremse und das Unternehmensentlastungsgesetz, argumentierte die FDP. Unterstützt wurde sie einzig von der SVP.
Veto auch vom Bundesrat
Auch der Bundesrat war dagegen. Er anerkenne zwar das Problem der hohen Regulierungskosten für Unternehmen, sagte Wirtschaftsminister Guy Parmelin: «Die Regulierungsbremse ist aber nicht das richtige Instrument dafür.»
Der Nationalrat folgte der Empfehlung des Bundesrates und beschloss mit 96 gegen 89 Stimmen, gar nicht auf die Debatte zur Regulierungsbremse einzutreten. Weil auch der Ständerat die Regulierungsbremse schon versenkt hat, ist diese Idee vom Tisch.